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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Dirigiert den nächsten „Parsifal“ am Grünen Hügel: Pablo Heras-Casado © Igor Studio

Pasticcio

Wagner-Dampf

Es ist auch in Bayreuth im Grunde ein sich stetig wiederholendes Ritual. Bei der Premiere kann eine Neuinszenierung beim Publikum so richtig durchfallen. Doch schon bei der zweiten Aufführung hat sich die brodelnde Stimmung dann zumeist gelegt. Auf diesen Effekt hatte nun auch Festspiel-Chefin Katharina Wagner in diesem Jahr gesetzt. Bei den Bayreuther Festspielen war der „Ring des Nibelungen“ in der Regie von Valentin Schwarz gnadenlos ausgebuht worden. Worauf Wagner mit den Worten reagierte: „Warten wir mal ab, wie sich das noch entwickelt. Schon im zweiten und dritten ‚Ring‘-Zyklus waren die Reaktionen deutlich anders, viele begeistert.“ Da hatte sie sich aber diesmal mächtig geirrt. Denn auch bei der letzten „Ring“-Serie war das Publikum auf 180 und auf Attacke gebürstet. Was nicht ganz spurlos am Ensemble vorbeiging. So zeigte die „Brünnhilde“ Iréne Theorin den Buh-Rufern mal eben den Stinkefinger. Was noch empörtere Reaktionen zur Folge hatte.
Künstlerisch mag der Jahrgang 2022 nicht gerade zu den Highlights in der langen Geschichte der Festspiele und der vergleichsweise kurzen Amtszeit von Katharina Wagner gehören. Dennoch zeigte sie sich unter dem Strich halbwegs zufrieden. Obwohl Sexismusvorwürfe und Corona-Fällen den Betrieb und Ablauf gestört hatten, konnte man immerhin in allen ausverkauften Vorstellungen vor insgesamt 50.000 Besuchern spielen.
Weil aber bekanntlich auch Wagner-Festspiele zeitig geplant werden müssen, konnte die Chefin schon jetzt einige Personalien für die kommenden Spielzeiten verraten. 2023 dirigiert Pablo Heras-Casado den neuen „Parsifal“ und Nathalie Stutzmann die Wiederaufnahme des „Tannhäuser“. Und 2025 kehrt Daniele Gatti zuück – mit einer Neuproduktion von Wagners „Meistersinger“.
Doch zur Zukunftsmusik gehört eben auch die Frage, ob und wie lange Katharina Wagner noch ihren Job macht. Seit 2008 ist sie im Amt. Und ihr Vertrag läuft noch bis 2025. Im nächsten Jahr sollen dann erste Gespräche darüber beginnen, wie es weitergehen soll. Eine Stimme aus der Bundespolitik hat zwar schon jetzt mahnend den Finger erhoben und Reformen eingefordert. Aber diese Stimme kann man getrost vernachlässigen. Denn dass die Kulturstaatsministerin Claudia Roth mit ihrem Job gnadenlos überfordert ist, konnte sie beeindruckend beim diesjährigen Documenta-Skandal unter Beweis stellen.

Guido Fischer



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