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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Andreas Spering (c) Christian Palm

Tage Alter Musik in Herne

Tränen gelacht und geweint!

Das Tragische und Komische bespielen bei der 46. Ausgabe des Herner Alte Musik-Festivals Szene-Stars wie Dorothee Oberlinger, Concerto Romano und Olga Pashchenko.

Von Joseph Haydn sind rund zwei Dutzend Opern und Singspiele überliefert. Mit einer abendfüllenden Oper aber war er besonders zufrieden. Es ist das dreiaktige Dramma pastorale giocoso „La fedeltà premiata“, über das er einmal schrieb, „dass dergleichen Arbeit in Paris noch nicht gehört worden ist und vielleicht ebensowenig in Wien.” Uraufgeführt wurde die „Belohnte Untreue“ am 25. Februar 1781. Und obwohl dieses zündende Liebesverwirrspiel ein rauschender Erfolg wurde, verschwand die Oper bis zur ihrer modernen Uraufführung im Jahr 1968 im Dornröschenschlaf. Um was für ein prachtvolles, ab der ersten Ouvertüren-Note zündendes Werk es sich dabei handelt, beweist der dirigierende Haydn-Spezialist Andreas Spering jetzt mit einer konzertanten Aufführung beim Abschlusskonzert der diesjährigen Tage Alter Musik in Herne. Mit ihren Buffo-Elementen sowie den Liebeskonflikten, die fast das Happy End gefährden, steckt „La fedeltà premiata“ genau jene Bandbreite an menschlichen Gefühls- und Seelenregungen ab, um die sich diesmal der Festivalschwerpunkt dreht. „Tragisch – komisch“ lautet das Motto der mittlerweile bereits 46. Ausgabe der Tage Alter Musik – die damit erneut die Ruhrgebietsstadt regelrecht zum internationalen Hotspot für die Originalklang-Aficionados werden lassen.
Immerhin konnte man hier schon früh nicht nur die Crème de la Crème der Alte Musik-Szene hören, etwa die Cembalo-Ikone Huguette Dreyfus, den jungen Countertenor René Jacobs oder Dirigent William Christie. Richard Lorber, seines Zeichens Künstlerischer Leiter und Redakteur beim veranstaltenden WDR, garantiert mit einem breitgefächerten Programm musikalische Entdeckungsreisen quer durch fünf Jahrhunderte. Denn längst meint „Alte Musik“ nicht nur das Mittelalter oder das Barockzeitalter, sondern auch die Romantik.
Genau dieser Epochenspagat spiegelt sich in diesem Jahr in den insgesamt zehn Konzerten wider, mit denen man neben dem Kulturzentrum und der Kreuzkirche auch eine ehemalige Zeche bespielt. Von lustig bis zerknirscht werden diesmal die gegensätzlichsten Gemütszustände angesprochen bzw. zum Klingen gebracht. Gleich zu Beginn bleibt einem dabei ein wenig das Lachen im Halse stecken – wenn der Mittelalter-Experte Benjamin Bagby zusammen mit seinem Ensemble Sequentia den legendären „Roman de Fauvel“ in einer musikalischen Fassung aus dem frühen 14. Jahrhundert präsentiert. Tränen gelacht werden bei den derben und witzigen Arien und Canzonen des 17. Jahrhundert, mit denen La Florida Capella gastiert. Komik und Moral verbinden sich hingegen in den Sakralwerken, mit denen Concerto Romano zum Teil in deutscher Erstaufführung begeistert. Und während die Hammerflügel-Spezialistin Olga Pashchenko dem grimmigen Humor Beethovens nachspürt, dreht sich in der von Dorothee Oberlinger geleiteten und topbesetzten Aufführung der Oper „L’Huomo“ von Andrea Bernasconi alles ums Liebesleid und Liebesglück. „Wenn ich eine gute Oper hören will, gehe ich nach Esterháza.“ Mit diesen Worten hatte sich einmal Kaiserin Maria Theresia vor dem Opernkomponisten Joseph Haydn verbeugt. In Anlehnung daran könnte man heute mit Fug und Recht sagen: Es wird Zeit für einen Besuch in Herne!

46. Tage Alter Musik Herne
10. bis 13. November
www.tage-alter-musik.de
Tickets: +49 (0) 23 23 16 28 15

Guido Fischer, 29.10.2022, RONDO Ausgabe 5 / 2022



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