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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Startseite · Oper & Konzert · Pasticcio

Legt die Stöcke aus der Hand: Perkussionist Martin Grubinger hört auf © Simon Pauly

Pasticcio

Ausgetrommelt

Man hatte es zwar immer geahnt, dass Schlagzeugspielen Hochleistungssport sein kann, wenn sich etwa Rock-Drummer an ihrem Bombast-Equipment ohne Limit lostoben. Oder wenn japanische Muskelmänner auf ihren dicken Taiko-Trommeln eine rituelle Show hinlegen. Aber Martin Grubinger hat dann doch das Berufsbild vom Schlagzeuger noch mal ganz neu definiert. Und dafür musste er schon früh absolut fit sein, um ständig manuell, aber vor allem intellektuell Top-Leistungen abzuliefern. Grubinger arbeitete daher bislang auch mit Sportmedizinern zusammen, die ihm Trainingspläne austüftelten und sogar seine Blutwerte überprüften. Schließlich, so der eingefleischte Bayern-Fan, „ist eine gute körperliche Verfassung Voraussetzung, um als Schlagzeuger etwa ein Solo-Recital ohne Qualitätsverlust zu bewältigen.“
Tatsächlich dürfte es seit seinem eigentlichen Durchbruch 2006, seit seinem mehrstündigen „Percussive Showdown“ im Wiener Musikvereinssaal wohl kaum ein Konzert gegeben haben, in dem Grubinger nicht atemberaubend virtuos und dabei motiviert bis in die Haarspitzen an den Marimbaphons, Snare-Drums & Co. loslegt hätte. Jedes Grubinger-Konzert war stets ein akustisches und visuelles Ereignis. Doch damit soll schon bald Schluss sein. Denn wie die „Neue Züricher Zeitung“ gerade gemeldet hat, macht Grubinger 2023 seine schon vor längerer Zeit angedachte „Drohung“ wahr, im Alter von 40 Jahren seine Karriere zu beenden. Offiziell wäre dann am 29. Mai 2023 Schluss. Aber natürlich absolviert Grubinger bis zum Ende der Saison noch ordentlich alle seine Live-Termine. Wie etwa bei dem SWR Symphonieorchester, bei dem er aktuell „Artist in Residence“ ist. Und danach? Grubinger möchte unbedingt „Geschichte“ studieren. Als Professor für klassisches Schlagwerk am Salzburger Mozarteum wird er darüber hinaus den Nachwuchs unter Garantie auch mit all jenen höllisch komplizierten Partituren konfrontieren, die Komponisten wie Tan Dun, Johannes Maria Staud und Friedrich Cerha für ihn komponiert haben.

Guido Fischer



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