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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Das Festival d’Aix-en-Provence empfängt sein Publikum im Innenhof des erzbischöflichen Palais (c) Vincent Beaume

Der Süden

Glamour und Sommerfreuden

Das größte Klassikfestival-Imperium weltweit behauptet sich noch immer an der Salzach: In Mozarts Geburtsstadt Salzburg sind eigentlich fast ganzjährig Festspiele, im Januar gibt es die Mozartwoche, Ostern folgen die Osterfestspiele (1. bis 10. April, www.osterfestspiele.at) mit der Residenz des Leipziger Gewandhausorchesters unter seinem Chef Andris Nelsons und einem von Romeo Castellucci inszenierten „Tannhäuser“ in Luxusbesetzung. Organisatorisch sind die besonderes teuren ­Osterfestspiele sauber getrennt von den seit langen Jahren von Cecilia Bartoli geleiteten Pfingstfestspielen (26. bis 29. Mai, www.salzburgerfestspiele.at), die in diesem Jahr unter dem Motto „Les Passions de l’âme“ dem Orpheus-Mythos nachgehen. Unter anderem inszeniert Christof Loy Glucks „Orfeo ed Euridice“, und Monteverdis epochaler „L’Orfeo“ ist im Marionettentheater zu erleben.
Die Sommer-Ausgabe der Festspiele wird nun im siebten Jahr von Intendant Markus Hinterhäuser geleitet, programmatisch machen sich mittlerweile leichte Ermüdungserscheinungen breit, auch hat Hinterhäuser im Umgang mit seinem erklärten Lieblingsdirigenten Teodor Currentzis und dessen Russland-Verstrickungen arg laviert. Dennoch sind die Salzburger Festspiele (20. Juli bis 31. August, www.salzburgerfestspiele.at) ein Pflichttermin, die barocke Stadt kommt dem Festspielrummel auf kleinstem Raum in jeder Hinsicht entgegen, Glamour und Schmäh würzen das Erleben. Höhepunkte in diesem Jahr: Nach der exquisit programmierten Ouverture spirituelle gibt es einen neuen „Figaro“ in der Regie von Martin Kušej mit Raphaël Pichon im Graben, und Christoph Marthaler inszeniert Verdis „Falstaff“, Ingo Metzmacher steht im Graben.

Gastronomisch und in Sachen brauchbarer Hotelkapazitäten ungleich abweisender sind die Bayreuther Festspiele, aber auch sie sind ein „Muss“ für jeden Opernfan: Der umstrittene neue „Ring“ in der Regie von Valentin Schwarz geht 2023 in die zweite Runde, als einzige Neuproduktion dieses Jahrgangs sorgt „Parsifal“ in der Regie von Jay Scheib unter Einsatz von Virtual Reality-Brillen schon jetzt für Stirnrunzeln, im magischen Bayreuther Graben steht Pablo Heras-Casado (24. Juli bis 28. August, www.bayreuther-festspiele.de).

Im hochsommerlichen Südfrankreich mausert sich das Festival in Aix-en-Provence immer mehr zu einer ernsthaften Konkurrenz von Salzburg (4. bis 24. Juli, www.festival-aix.com). Intendant Pierre Audi präsentiert Brechts/Weills „Dreigroschenoper“ in der Regie von Thomas Ostermeier, es dirigiert Maxime Pascal, sowie die Uraufführung einer neuen Oper von George Benjamin „Picture A Day Like This“ unter eigenem Dirigat und in der Inszenierung von Daniel Jeanneteau. Dmitri Tcherniakov inszeniert „Così fan tutte“, im Graben leitet Thomas Hengelbrock seine Balthasar-Neumann-Ensembles und neben aufwändigen konzertanten Aufführungen gibt es noch einen neuen „Wozzeck“ in der Regie von Simon McBurney, Sir Simon Rattle dirigiert das London Symphony Orchestra.

Neben diesen Großereignissen gibt es etliche intimere, aber nicht minder anspruchsvoll programmierte Festivals vor pittoresken Kulissen in schönster Sommerlaune. Unter anderem den Kissinger Sommer (16. Juni bis 16. Juli, www.kissingersommer.de), im zweiten Jahr unter der Leitung von Alexander Steinbeis. Unter dem Motto „La dolce vita“ wendet sich das Festival Italien zu. Unter den illustren Gästen sind unter anderem die Bamberger Symphoniker unter der Leitung von Herbert Blomstedt, die Sopranistin Anna Prohaska und das Ensemble Il Giardino Armonico, der Pianist Leif Ove Andsnes und die unverwüstliche Anne-Sophie Mutter.

In die Schweiz locken Festivals mit ganz eigenen Profilen, die teils besonders in die malerische Landschaft eingebettet sind. Da ist zum einen das Gstaad Menuhin Festival (14. Juli bis 2. September, www.gstaadmenuhinfestival.ch), das sich in diesem Jahr dem Motto „Demut“ verschrieben hat. Das üppig bestückte Programm trumpft mit einem Star-Aufgebot auf, von der Gaechinger Cantorey unter Hans-Christoph Rademann über den Teufelsgeiger Nemanja Radulović, Ute Lemper bis hin zu einer konzertanten „Tosca“ mit dem Festivalorchester Gstaad und Sonya Yoncheva in der Titelrolle.
Der größte Tanker unter den Schweizer Festivals ist das Lucerne Festival (www.lucernefestival.ch), das sich inzwischen auch auf vier Stationen ausgeweitet hat: Auf das Frühjahrs-Festival (31. März bis
2. April) folgt das Klavier-Festival (18. bis 21. Mai), zentral ist das Sommer-Festival (8. August bis 10. September), auf das im Herbst die Neue-Musik-Ausgabe „Forward-Festival“ (9. bis 11. November) folgt. Von ganz eigenem Reiz ist auch das Davos Festival (15. bis 29. August, www.davosfestival.ch), das sich besonders jungen Künstlerinnen und Künstlern widmet. Die 38. Ausgabe des Festivals untersucht unter dem Titel „Allein“ die unterschiedlichen Facetten und Färbungen des Alleinseins, wie stets gibt es für fittes Publikum auch eine Festival-Bergwanderung unter dem Motto „Wege zum Glück“ in vier Stationen.

Weiter geht es nach Italien zum Rossini Opera Festival in Pesaro, das die Fans des virtuosen italie­nischen Operngesangs magisch anzieht. Die 44. Ausgabe des Festivals (11. bis 23. August, www.rossinioperafestival.it) unter der künstlerischen Leitung von Juan Diego Flórez (der seinerzeit dort entdeckt wurde) bietet zwei Neuproduktionen von Rossini-Raritäten: „Eduardo e Cristina“ und „Adelaide di Borgogna“.
Ins südliche Apulien lockt dann das Festival della Valle d’Itria mit einigen Opernraritäten und Rossinis „ll turco in Italia“ (18. Juli bis 6. August, www.festivaldellavalleditria.it).

Die Tiroler Festspiele in Erl bieten in ihrer Sommerausgabe (6. bis 30. Juli, www.tiroler-festspiele.at) Engelbert Humperdincks „Königskinder“, die letzten zwei Abende von Wagners „Ring“ in der Regie von Brigitte Fassbaender, sowie Kammermusik und Orchesterkonzerte.
Ein Juwel unter den intimeren Formaten ist das Lockenhaus Kammermusikfestival im Burgenland (6. bis 15. Juli, www.kammermusikfest.at), das unter der künstlerischen Leitung von Nicolas Alt­staedt und dem Motto „Orbis tonorum“ in der 42. Ausgabe des Festivals ein musikalisches Familienfest feiert. Zum „Clan“ gehören neben Festivalgründer Gidon Kremer auch Vilde Frang, Lawrence Power, Alexander Lonquich, Johannes Fischer, das Kelemen Quartett sowie das Trio Gaspard und die wunderbare Soloharfenistin der Wiener Philharmoniker, Anneleen Lenaerts. Das Festival gibt vorab keine fest fixierten Programme bekannt, oftmals entstehen die Details erst kurzfristig, inspiriert vom besonderen Geist des Ortes und der „Familie“.

Regine Müller, 25.03.2023, RONDO Ausgabe 2 / 2023



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