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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Vater der Moderne: Arnold und Gertrud Schönberg mit Foxterrier Witz in Cap Martin (1928) © Arnold Schönberg Center, Wien

Pasticcio

Einblicke in eine Musikrevolution

Wer sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf den aktuellen Stand der Musik bringen und dabei vielleicht auch etwas erleben wollte, der konnte nur zwei Ziele haben: Paris und Wien. Denn hier wie dort wurde nicht nur das alte Klang-Gefüge endgültig aus der Verankerung gerissen. Man konnte gleichermaßen Ohren- und Augenzeuge von Publikumstumulten werden, die nicht selten in handfeste Schlägereien ausarteten. Legendär ist das „Watschenkonzert“, bei dem es 1907 im Wiener Musikvereinssaal im Zuge der Uraufführung von Arnold Schönbergs 1. Kammersinfonie hoch herging. Dabei war dieses Werk, das angesichts seines freien Geistes schon bald zu einer der Ikonen der Moderne ausgerufen wurde, noch harmlos im Vergleich zu dem, was Schönberg an Provokationen noch so bieten würde.
Seine Schüler Alban Berg und Anton Webern waren zwar über alle Maßen fasziniert von dem, was ihr alter Lehrer 1923 unter dem Stichwort „Zwölftontechnik“ endgültig ausformuliert hatte. Aber bis heute gilt genau diese umwälzende Revolution der zeitgenössischen Tonsprache bei der Öffentlichkeit immer noch als Teufelszeug.
Um aber auch bei denjenigen die Hemmschwellen abzubauen, die beim ersten schrägen Ton sofort ausrufen: „Das ist doch bestimmt Zwölftonmusik!“, präsentiert jetzt das Wiener Arnold Schönberg Center eine auch multimediale aufgebaute Ausstellung.
„Komposition mit zwölf Tönen. Schönbergs Neuordnung der Musik“ lautet der Titel der Schau, die noch bis zum 22. Dezember läuft. Genau 99 Exponate (darunter Musik- und Textmanuskripte, Gemälde und Zeichnungen, Briefe und Fotografien) zeichnen da die musikalische Abenteuerreisen Schönbergs nach, mit denen er die „Komposition mit zwölf aufeinander bezogenen Tönen“ vorbereitete und anhand etwa seiner Klavier-Suite op. 25 endgültig ausprobierte. Digital animierte Partituren bringen die in der Ausstellung gezeigten Objekte zum Klingen. Im Videoraum sind ausgewählte Kompositionen Schönbergs in einem repräsentativen stilistischen Querschnitt zu hören. Und am Ende der Ausstellung ist sogar das von Schönberg entworfene Koalitions-Schach zu sehen, bei dem sich vier Spieler gegenüber sitzen. Die Schau ist somit die ideale Ouvertüre für das, was das nächste Jahr so alles bieten wird – wenn man 2024 den 150. Geburtstag von Arnold Schönberg feiert.

Guido Fischer



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