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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Startseite · Oper & Konzert · Café Imperial

Mieczysław Weinbergs „Der Idiot“ – jetzt am Theater an der Wien (hier: Dedov, Sannikova, P. Sokolov) (c) Monika Rittershaus

Café Imperial

Unser Stammgast im Wiener Musiker-Wohnzimmer

Als mit der Oper „Die Passagierin“ vor zwölf Jahren erstmals ein Werk des Schostakowitsch-Adepten Mieczysław Weinberg wiederausgegraben wurde (in Bregenz), war das Erstaunen groß. Selbst Gidon Kremer, der den Komponisten noch gekannt hatte, fragte sich beschämt, wie er ihn habe verkennen können. Seither gibt es eine anhaltende Weinberg-Renaissance. Seine allerletzte Oper „Der Idiot“ war von Dirigent Thomas Sanderling, dem wichtigsten Weinberg-Missionar, schon in St. Petersburg und sonstwo dirigiert worden. Am Theater an der Wien kriegt er mit Vasily Barkhatov sogar seinen bislang prominentesten Regisseur. Dmitrij Golovnin bestätigt als Fürst Myschkin seinen Rang als einer der derzeit wichtigen russischen Tenöre. Ergebnis: eine Tat (wenn nicht eine Großtat). Einziger Wermutstropfen bleibt die etwas sich ziehende Länge der Aufführung. Der Roman ist allerdings auch nicht kürzer. Lasst dieses Meisterwerk weiterziehen! Von dieser Güte besitzen wir nebendran einfach nicht genug.

Im Café Imperial, der unauffälligsten Bühne der Theaterstadt Wien, denken wir heute über das Darstellungsgewerbe nach. „I love the theatre and the charming people in it“, mit diesem garstigen Wort wird der legendäre Bühnenschauspieler John Barrymore zitiert. Er liebte das Theater, mitsamt der ‚wundervollen‘ Menschen in ihm. Daraus folgt, dass Theaterleute mehr rausgucken sollten – anstatt sich am Betrieb selbst zu orientieren. „Das Theater, immer wieder, läuft Gefahr, dass das Theater sich am Theater orientiert“, so hat es der große Fritz Kortner ausgedrückt. Umso wichtiger in einem Land, in dem doch letztlich alles immer wieder auf dasselbe, nämlich aufs Theater hinausläuft. „In Österreich ist oft schon alles drunter und drüber – und anschließend ins Burgtheater gegangen.“ Dies Wort stammt von Karl Kraus. Womit genug zitiert sei. Und wir uns darauf freuen, anstatt ins Theater doch lieber in die Oper zu gehen – und ins Konzert.

Die Wiener Staatsoper bringt neue „Gespräche der Karmelitinnen“ von Poulenc (mit Nicole Car, ab 21.5.). Am Theater an der Wien singt Vera-Lotte Boecker eine neue „Lulu“ (mit Anne Sofie von Otter als Gräfin Geschwitz, ab 27.5.). Die Volksoper übt sich an Mozarts „Entführung aus dem Serail“ (Regie: Nurkan Erpulat, ab 17.5.). Im Wiener Konzerthaus spielt Grigory Sokolov dieses Mal Purcell (und Mozart, 24.5.). Martin Grubinger beendet – ankündigungsgemäß – seine Karriere mit einem Geburtstagskonzert (30.5., Zusatz-Benefiz: 31.5.). Anton Gerzenberg spielt Ligetis Études (5.6.), Arcadi Volodos Mompou und Skrjabin (14.6.). Juan Diego Flórez singt Arien (19.6.). In der neuen Saison bringt Riccardo Chailly dann Chor und Orchester des Teatro alla Scala für ein buntes, herrliches Verdi-Programm (4.9.). – Im Musikverein dirigiert Chailly schon früher, im Juni, einen Strauss-Abend bei den Wiener Philharmonikern (18./19.6.). François-Xavier Roth bringt sein Ensemble Les Siècles mit „Scheherazade“ und „Petruschka“ (9.6.) sowie ein gemischtes Programm mit ‚orientalistischen‘ Werken (von Glasunow, Grieg, Borodin, Sinding usw., 11.6.) und schließlich noch eines mit Debussy, Berlioz, Ravel und „Le sacre du printemps“ (12.6.). Maurizio Pollini gibt fast so etwas wie ein Comeback (mit Chopin und Schumann, 15.6.), Sabine Devieilhe einen Liederabend (16.6.). Sonst, auch schon im Rest-Mai, ist hier nicht sehr viel. Der Juli und August gehören dann wieder ganz dem Konfekt und Theater-Theater des berühmt-berüchtigten Wiener Mozart Orchesters. Ober, zahlen!

Kai Luehrs-Kaiser, 27.05.2023, RONDO Ausgabe 3 / 2023



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