Startseite · Konzert · Da Capo
(c) Monika Rittershaus
„Es gibt keine Erkenntnis außer der Hoffnung“, verkündet als bitteres Fazit die Schrift an der Schieferwand. Die liest ein Reisender ins Ich, den Regisseur Hans Neuenfels an der Oper Frankfurt staunend und zunehmend erschrocken losschickt. Es ist Ödipus, der Vatermörder, der Mutterschänder. Freilich in der seltenen Variante der eigentlich vieraktigen, 1936 in Paris uraufgeführten einzigen Oper des als Geigenvirtuose bekannten rumänischen Komponisten George Enescu.
Der alte Bühnenwolf Neuenfels liebt die Antike, in Frankfurt konzentriert er sich auf das Wesentliche, modernisiert und moderiert abgeklärt den Mythos im modernen, sanft ironisierenden Hörsaal-Gewand. Natürlich gibt es neuerlich die stummen Mitspieler, diesmal eine Hilfskrafthorde stylish-räudiger Punks, zudem erscheinen die üblichen, mal würzigen, mal witzelnden Neuenfels-Kommentare als subjektive Sicht aus der Ödipus-Perspektive auf Rifail Ajdarpasics nüchternem Einheitsraum.
Sein rechtmäßiger, aber fataler Thebanerkönig, den der famose Simon Neal mit baritonaler Durchschlagskraft, aber auch sensiblen Tönen des Zweifels und Leids sehr menschlich singt, steigt willig als Protagonist in die Handlung ein, die er zunehmend als seinen eigenen, grausamen Lebensweg erkennt. Wo Enescu mehrere Sophokles-Tragödien ausschlachtet, da konzentrieren sich Neuenfels und sein deutscher Übersetzer Henry Arnold in 100 pausenlos verdichteten Minuten. Am Schluss eliminieren sie Enescus, als vierten Akt aus dem „Oedipus in Kolonos“ gesogenes, statischoratorienhaftes Weiterleben und erlösungsbereites Sterben. Er irrt in die Ferne. Alles ist gesagt, das Weitere scheint folgerichtig.
Es ist trotz aller Ungeheuerlichkeiten ein heller, fast heiterer, sanft didaktischer Opernabend. Alexander Liebreich am Pult modelliert und knetet plastisch die kantigen Schönheiten der kraftvollen Partitur heraus. Der klangprächtige Chor gibt den neutralen Kommentator. Und das hervorragende Frankfurter Opernensemble hat wie auf dem Catwalk lauter schöne, vignettenhafte Einzelauftritte.
Roland Mackes, RONDO Ausgabe 1 / 2014
Mit der Weltersteinspielung der Urfassung von Richard Strauss’ Cello-Sonate gelingt Raphaela […]
zum Artikel »
Risse im Schönklang in der „Belle Époque“ Es war der erste Vorstoß in Richtung der Moderne, […]
zum Artikel »
An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.
Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.
Olivier Messiaens Turangalîla-Sinfonie zählt ohne Zweifel zu den eindrücklichsten und gewaltigsten Monumenten der Sinfonik des 20. Jahrhunderts. Dieses mit 80 Minuten überlange Monstrum von Sinfonie spielt man nicht ohne Weiteres – weder live im Konzertsaal, noch auf CD ein. Und so war es durchaus ein Ereignis, als das Mannheimer-Nationaltheaterorchester unter der Leitung seines Chefdirigenten Alexander Soddy diesen Meilenstein in Prä-Corona-Zeiten dank Spendenunterstützung als […] mehr »