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Tadelloser Frack, Fliege, glatt gegeltes Haar: Wie diese unverzichtbaren Attribute gehört zu Max Raabe das Palastorchester, das seiner typischen, an frühe Tonfilmzeiten erinnernde Stimme den gewohnten Rahmen verleiht. Auf seiner neuen CD nun wendet sich der Sänger sozusagen der Kammermusik zu. Ganz allein mit dem Pianisten Christoph Israel an der Seite präsentiert Raabe ein hochkonzentriertes Programm klassischer Tonfilmschlager, das in seiner Verdichtung fast wie ein Klavierliedzyklus wirkt. Das vom Flügel angeschlagene gemessene, schlendernde Foxtrott- Tempo setzt hier den Hintergrund für die melancholische Nachdenklichkeit der Zwischenkriegszeit. Und es ist gerade Max Raabes Abkehr von aller Show und von allem Süßlichen, es ist die auf das Wesentliche reduzierte Bescheidenheit, die diese sogenannte Unterhaltungmusik zu etwas Tiefernstem macht. Die Metapher im Titel »Übers Meer« deutet das Grundthema an: Die Sehnsucht nach Ferne, die sich aber nicht nach Schlagerart in der Beschreibung fremder Länder äußert, sondern die scheinbar so kleinen Dinge des alltäglichen Gefühlslebens zum Gegenstand hat: Nie hat Max Raabe so radikal auf das Augenzwinkern verzichtet, dafür spürt er in den Liedern »seiner« Zeit ganz neue Qualitäten auf. Das Programm vereint Berühmtes wie »Irgendwo auf der Welt« oder den Comedian-Harmonists- Hit »Lebe wohl, gute Reise« mit Unbekannterem. Einer der größten Hits »Ein Lied geht um die Welt« zeigt sich in einer geradezu innigen Interpretation jenseits von zackigem Marschrhythmus als melancholische Reminiszenz, als Erinnerung. Raabe singt es, als glaube er selbst nicht, dass ein Lied die Menschheit einen könnte, aber als sei das immerhin eine Hoffnung. Dass der Titel untrennbar mit der Lebensgeschichte des verfolgten Tenors Joseph Schmidt verbunden ist, sorgt für einen stark resonierenden doppelten Boden.
Oliver Buslau, 15.02.2014, RONDO Ausgabe 1 / 2010
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