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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Vokal total

von Michael Blümke

Seit sie vor rund zehn Jahren mit einem spektakulären Farinelli-Album unter der Obhut von René Jacobs ihren internationalen Durchbruch feiern konnte, ist Vivica Genaux dem Barock-Repertoire treu geblieben. Auch ihr neuestes Programm zollt einer gefeierten Sängerpersönlichkeit des 18. Jahrhunderts Tribut. Faustina Bordoni war mit Johann Adolph Hasse verheiratet, entsprechend übernahm sie in den meisten Opern ihres Mannes die weibliche Hauptrolle, doch schrieb auch Georg Friedrich Händel eine Handvoll Partien für sie. Vivica Genaux hat aus diesen Werken Hasses und Händels eine Auswahl von acht Arien getroffen, die nicht optimal gelungen ist, der Gefahr einer gewissen Einförmigkeit nicht ganz entkommt. Das liegt zum einen an der Begleitung, und zwar in doppelter Hinsicht: Sechs Arien werden nur von Streichern begleitet, lediglich bei jeweils einem Gesangsstück kommen auch Oboen bzw. Hörner dazu; und die Cappella Gabetta ist zwar eine solide, aber nicht sonderlich inspirierte Truppe. Zum anderen neigt die Mezzosopranistin – bei aller vokalen Meisterschaft – oft zu einer Art Einheitsgestaltung. Mehr Stücke wie „Va tra le selve ircane“ wären ratsam gewesen, in diesem Ausschnitt aus Hasses „Artaserse“ lebt die Amerikanerin deutlich auf, setzt auch dramatischere Akzente.

Georg Friedrich Händel u.a.

Faustina Bordoni

Vivica Genaux, Cappella Gabetta, Andrés Gabetta

Deutsche harmonia mundi/Sony

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Nicola Antonio Porpora war der Gesangslehrer einiger der berühmtesten Kastraten wie Farinelli und Caffarelli. Entsprechend anspruchsvoll sind seine Kompositionen, über 50 Opern schrieb er, seine mindestens ebenso zahlreichen Kantaten sind hingegen weniger bekannt. Fünf davon präsentiert die Sopranistin Maria Laura Martorana auf ihrer ersten Solo-CD, bis auf eine nur Ersteinspielungen, eine willkommene Repertoireerweiterung also. Die Italienerin bringt gute virtuose Anlagen und eine verlässliche Höhe mit, ist aber bei der technischen Ausführung etwas schlampig, das geht nicht immer ohne Schleifen und Anschneiden ab. Die Stimme ist nicht im klassischen Sinne schön, doch liegt ihrer Besitzerin an dramatischer Wahrheit, wodurch der Vortrag sehr lebendig wirkt. Mit der begleitenden Accademia Barocca I Virtuosi Italiani ist allerdings kein Blumentopf zu gewinnen.

Nicola Antonio Porpora

Vulcano

Maria Laura Martorana, Accademia Barocca I Virtuosi Italiani

Brilliant Classics/Edel

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Nach eigener Aussage sang sie schon, bevor sie sprechen konnte. Auch in der Schule unterhielt sie ihre Mitschüler und Lehrer mit Folksongs. Heute ist Katherine Broderick 30 und unterhält mit ihrer schönen Stimme nicht mehr Klassenzimmer, sondern Konzertsäle und Opernhäuser – und mit ihrem Debüt-Recital „Open Your Eyes“ ab sofort alle Klassikliebhaber. Lieder aus der Zeit um die Wende zum 20. Jahrhundert hat die Sopranistin zusammengestellt, in denen sich ihr Material optimal entfalten, wunderbar aufblühen kann: die „Acht Lieder op. 10“ von Richard Strauss, Alban Bergs „Sieben frühe Lieder“ und die „Brettl-Lieder“ seines Lehrers Arnold Schönberg. Ein rein deutsches Programm also, das die Engländerin mit exzellenter Diktion (weshalb die im Booklet fehlenden Gesangstexte auch verzichtbar sind) und intelligenter Gestaltung absolviert. Bergs schwül-sinnliche Stücke hätten etwas mehr Exaltiertheit vertragen, da hält sich Katherine Broderick ein wenig zurück. Bei Strauss traut sie sich gestalterisch deutlich mehr, und Schönberg geht sie mit geradezu verblüffender Selbstverständlichkeit an, da ist sie ganz frei und gelöst. Zudem bekommt sie von Malcolm Martineau am Klavier jede erdenkliche Unterstützung – ein tolles Team, eine tolle Platte.

Diverse

Open Your Eyes

Katherine Broderick

Champs Hill Records/Note 1

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Michael Blümke, 30.11.1999, RONDO Ausgabe 1 / 2013



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