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N° 1353
13. - 21.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Descansado – Songs For Films

Norma Winstone

ECM/Universal 5786989
(48 Min., 3/2017)

Immer wieder wird der Niedergang der Filmmusik beklagt. Das Mainstreamkino klatscht gerne Massenware aus den Charts auf die Tonspuren, und wenn es ausnahmsweise mal einen eigenen Soundtrack gibt, hört man statt einprägsamer Melodien meist bloß nebulös wabernde Atmosphärengeschmacksverstärkung.
Norma Winstone, die in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gekrönte Queen des europäischen Jazzkammergesangs, erinnert mit ihrer neuen Aufnahme an die guten alten Zeiten. Dafür braucht die 76-Jährige kein Filmorchester, sondern verlässt sich auf ihre langjährigen Partner, den italienischen Pianisten Glauco Venier und den deutschen Sopransaxofonisten/Bassklarinettisten Klaus Gesing. Zu dem eingespielten Dreierbund treten hier und da der norwegische Perkussionist Helge Norbakken und der italienische Cellist Mario Brunello.
Eine gute Casting-Entscheidung: Sie bringen das für seine fragilen Melancholie-Erzeugnisse bekannte Trio zum Tanzen. Etwa im Titelstück „Descansado“ aus dem 1963 entstandenen Vittorio-de-Sica-Film „Gestern, heute und morgen“, dem Norbakken eine gewisse Bossa-Anmutung verleiht. Oder in „Merrytown Hall“ aus der „Stolz und Vorurteil“-Verfilmung von 2005, das sich in einen regelrechten Jig verwandelt (wobei Winstones Vokalisen ein wenig forciert fröhlich wirken).
So finden Winstone, Venier und Gesing bei ihren „Songs For Films“ aus der Feder von Komponisten wie Michel Legrand, Nino Rota oder Ennio Morricone ein gutes Gegengewicht. Gleichwohl sind es die Miniaturen, die am meisten zu Herzen gehen. In ihren Versionen von „Malena“, „Il Postino“ oder „Touch Her Soft Lips“ (aus Laurence Oliviers „Henry V“) können die drei ihre Stärken voll ausspielen: Die makellose Intonation auch bei großen Intervallsprüngen, das intime Zwiegespräch, die tiefe Lebensweisheit. Letztere offenbart sich in Winstones Texten zu den ursprünglich instrumentalen Songs, sie handeln von Verlust, Einsamkeit und Trauer, ohne jemals falsch gefühlig zu werden. Mit ihren Lyrics gelingt es der Sängerin, einen ganz neuen Film vor dem inneren Auge des Zuhörers entstehen zu lassen. Im Kopfkino gewesen. Geweint.

Josef Engels, 24.02.2018


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