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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Antonio Vivaldi, Tomaso Albinoni, Baldasare Galuppi

La Venezia di Anna Maria (Concerti für Violine und Orchester)

Midori Seiler, Concerto Köln

Berlin Classics/Edel 0301052BC
(82 Min., 1 & 10/2017)

Bekanntermaßen engagierte sich Antonio Vivaldi für die musikalisch begabten jungen Frauen im venezianischen „Ospedale della Pietà“, einem Waisenhaus für Findelkinder und sonstige Verlassene. Das musikalische Niveau, das – gemessen an der Schwierigkeit des überlieferten Repertoires – die Aufführungen dieser rein weiblich besetzten Formationen gehabt haben müssen, ist schon lange eines der großen Faszinosa der barocken Musikgeschichte. Mit Hilfe der vorliegenden CD kann man sich in puncto Violinkonzerte hierzu noch ein exakteres Bild machen: Midori Seiler wählte für ihr italienisches Programm u.a. vier Concerti aus, die sich im „Spielbuch der Anna Maria“ fanden. Anna Maria, die den Beinamen „dal Violin“ trug, ist ein vermutlich um 1696 geborenes Findelmädchen, das wohl zeitlebens im Ospedale wohnte und dort 1782 starb. Anna Maria machte, von Vivaldi gefördert und mit einer qualitativ hochwertigen Geige versorgt, später Karriere u.a. auch als Geigenlehrerin. In ihrem Spielbuch finden sich insgesamt 31 Kompositionen aus ihrer konzertanten Praxis.
Midori Seiler und Concerto Köln richten sich aufführungspraktisch nach den überlieferten Gegebenheiten im Ospedale, indem sie der Orchesterbesetzung der Concerti auch Bläser beifügen (auf diese Weise konnten seinerzeit auch jene Heimbewohnerinnen teilnehmen, die ein Blasinstrument spielten), was einen wärmeren und runden, im Vergleich zur reinen Streicherversion auch schwereren Klang bedingt. Seiler reagiert darauf mit einem üppigen, kraftvollen, dynamisch von Leidenschaftlichkeit geprägten Zugriff auf ihre Solopassagen. Alles in allem entsteht so ein doch deutlich anderer als der sonst gewohnte „Vivaldi-Sound“: weniger „elegant-festliches Barock“ als bemerkenswert differenzierte Ausdrucks-Musik mit mehr Tiefgang als sonst üblich. Zumindest ist dies ein neuer, durchaus interessanter Ansatz, den die Musiker auf allen Ebenen – auch auf der agogischen – konsequent verfolgen. Ob die Musik damit überfrachtet wird, kann an dieser Stelle nicht entschieden werden; auf jeden Fall erhält sie – mit Anna Maria dal Violin als nur schemenhaft zu rekonstruierender Person im Hintergrund – eine sehr persönliche Note. Man höre selbst und staune.

Michael Wersin, 28.04.2018


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