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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Alberto Ginastera

Harfenkonzert, Konzertante Variationen, Konzert für Streicher

Marie-Pierre Langlamet, Orchester der Picardie, Edmon Colomer

Assai/Note 1 3 597492 222821
(72 Min., 6/2001, 1/2002) 1 CD

Alberto Ginastera (1916-1983) war Argentinier und schrieb eine typisch argentinische Musik. Wer jetzt, geschädigt vom seit Jahren andauerenden Tango-Overkill, schmerzlich zusammenzuckt und sich gleich zur nächsten Rezension weiterklicken will, sei beruhigt: Mit Tango hat Ginastera weiß Gott nichts zu schaffen. Zwar bedient er sich, wie die meisten seiner komponierenden südamerikanischen Generationsgenossen, folkloristischer Elemente, doch sind diese ebenso stilisiert und in die Substanz der Musik eingeflossen wie der Ländler bei Schubert und Bruckner oder das amerikanische Volkslied bei Copland.
Trotzdem ist die Weite der Landschaft von Ginasteras Heimat in seiner Musik allenthalben spürbar - im lyrisch-herben Thema der Konzertanten Variationen mit seiner der Gitarre abgelauschten Melodik ebenso wie im langsamen Satz des Harfenkonzerts: So klänge eine bartóksche Nachtmusik, hätte sich der ungarische Meister jemals nach Argentinien verirrt.
Überhaupt dieses Harfenkonzert: ein gefundenes Fressen für jeden Virtuosen auf diesem Instrument, das in diesem Werk alle Assoziationen an Wolke neun abstreift, sich lyrisch ebenso faszinierend zu äußern vermag wie rhythmisch pointiert, temperamentvoll bis hin zur Aggression - und das Finale hat Hit-Potenzial. Ein mitreißendere Komposition dieses Genres kenne ich nicht, und auch keine überzeugendere Einspielung des Stücks: Die Solistin Marie-Pierre Langlamet meistert jede der mannigfachen Schwierigkeiten und ist der Konkurrenz, etwa Nancy Allen (ASV) an Agilität und klangfarblicher Variationsbreite eine Nasenlänge voraus.
Das vorzügliche Orchester der Picardie zeigt seine Qualitäten vor allem in den Variationen, in denen jeder Solist, bis hin zur Pauke, sein Solo erhält, und vor allem im Konzert für Streicher, einem expressionistischen, teilweise gar mild avantgardistischen Werk, in dem Ginastera sämtliche Ausdrucksmöglichkeiten eines Streichorchesters vom einsamen Solo über das geflüsterte Flageolett bis hin zur stampfenden Rhythmusorgie erprobt. Ein überzeugendes Ginastera-Porträt, mitreißend interpretiert. Wozu brauchen wir da noch Tango?

Thomas Schulz, 01.09.2007


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