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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Room Of Silence

Chris Gall

GLM/Soulfood EC581
(56 Min., 6/2018)

Schalten Sie das Handy aus. Setzen Sie sich. Hören Sie. Der Pianist Chris Gall schafft Ihnen mit seiner Soloscheibe „Room Of Silence“ eine Umgebung, in der Sie abschalten und sich auf Ihr Inneres konzentrieren können. Das bedeutet aber keinesfalls, dass die vierzehn Titel anspruchslos und simpel wären. Im Gegenteil: Der Pianist vereint bei moderaten Tempi sehr eigenständig Jazz, Elemente der Minimal Music und die romantische europäische Klaviertradition zu verträumten Miniaturen.
Drei Instrumente stehen ihm dabei zur Verfügung: das Steinway B Grand Piano im Kyberg-Studio, das eigene Yamaha C2 Grand Piano und ein altes Feurich „Duca“ Piano. Zunächst der Steinway: Dessen klaren Klang nutzt er für sieben zwischen dreieinhalb und neun Minuten lange Stücke, die letztendlich das Album prägen. Hier begibt er sich mit sanften Wellenbewegungen „Behind The Curtain“ und lässt im „Room Of Silence“ eine verträumte Improvisation der rechten Hand einen intensiven Klangteppich durchbrechen.
„Another Love Song“ kontrastiert eine ins Unendliche suchende Melodie mit einem festeren, auf diese Bewegungen reagierenden und sich stellenweise mit ihnen vereinigenden Fundament. Das „Mosaic“ setzt sich aus vielen kleinen Tonklümpchen in unterschiedlichen Klangschattierungen zusammen, und „Backstage Cadence“ bringt Wellenbewegungen und aufsteigende Figuren zusammen. Mit „The Puppeteer“ reist er in verträumt-verschlungene Gefilde, und „Hays“ wirkt als langsamer, besinnlicher Ausklang einer ohnehin nicht hektischen Zusammenstellung.
Den Reigen dieser Eigenkompositionen durchbrechen auf dem etwas ausgeleierten und teilweise auch präparierten Klavier drei jeweils ein- und ausgeblendete „Interludes“, in denen Chris Gall Erinnerungen an die in den 1980ern modische „Minimal Music“ im Stil Steve Reichs und Klangminiaturen aus jenen Jahren weckt. Außerdem verleiht er auf diesem Instrument den Coverversionen von Richard Rodgers „It Never Entered My Mind“, „Julia“ der Beatles und Antonio Carlos Jobims „Estrada Branca“ ein angenehm antikisierendes, nostalgisches Flair. Für die vierte Coverversion, Oscar Petersons „Hymn To Freedom“, kontrastiert er monotone, schnarrende Schläge mit der grandiosen, an die Kraft der Spirituals erinnernden Melodie, als wolle er auf dem eigenen Instrument die Überlegenheit des Schönen gegenüber der undifferenziert schnarrenden Monotonie darstellen. Wenn die 55 Minuten Spielzeit um sind, werden Sie wahrscheinlich noch einige Momente entspannt und auch ein wenig geläutert bleiben, bevor Sie sich dem Alltag wieder annähern.

Werner Stiefele, 10.11.2018


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