Pentatone/Naxos 827949064067
(152 Min., 2/2017) 2 CDs, SACDs
Die Schwäne sind bisweilen Kerle, manchmal auch Schwarze, bei Rudolf Nurejew war es sogar ein Schwein – Miss Piggy. Natalie Portman hat sich als psychopathischer „Black Swan“ oscarreif selbst geritzt, und auch Barbra Streisand gibt es als tierische Ballerina. Sie tanzen mal auf Spitze oder barfuß. Peter Tschaikowskis „Schwanensee“, uraufgeführt 1877 in Moskau und ein spektakulärer Misserfolg, zum Hit überarbeitet von Marius Petipa und Lew Ivanow 1895 für das St. Petersburger Marientheater, ist der ewige Bestseller des Balletts. Freilich in einer korrumpierten Fassung. Die Choreografie wurde unter dem Autorenlabel der jeweiligen Zeit angepasst, stetig virtuoser und vielfältiger psychologisiert. Auch die Musik war nach Tschaikowskis Tod in die Hände des Bearbeiters Riccardo Drigo gefallen – der zum Beispiel den Pas-de-Deux aus dem ersten Akt umorchestrierte und in den spektakulären Pas-de-Deux des Schwarzen Schwans verwandelte. Die Ballerina gaben diesen Stunt nie wieder her, die Männer ließen sich vielfach zu anderer Tschaikowski-Musik zusätzliches Material einbauen.
Hier nun setzt der nicht erst durch seinen Vater Michail tanzaffine Vladimir Jurowski an und präsentiert – nach seiner hinreißenden „Dornröschen“-Einspielung – den „Schwanensee“ als Urmutter aller sinfonischen Ballette. Erneut ist das prächtig aufspielende Staatliche Akademische Sinfonieorchester Russlands „Jewgeni Swetlanow“ mit von der Partie. Jurowski spannt einen weiten sinfonischen Bogen in vier Sätzen. Das nachkomponierte, später als Tschaikowski-Pas de Deux bekannte Duo lässt er weg, der ebenfalls später hinzugekommene Russische Tanz im dritten Akt ist da. Und ebenso die Originalorchestrierung, schnelle Tempi, keine Kürzungen. Der volle Klanggenuss. Und für Kinder gibt es zum Origami-Schwan auf dem Cover sogar die Faltanleitung.
Matthias Siehler, 10.11.2018
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