Es muss nicht alles avantgardistisch klingen. Der Genussfaktor ist oft höher, wenn sich jemand im gediegenen Mainstream bewegt und seine Sache schlicht und einfach gut macht. Zu dieser Gruppe von Musikerinnen zählt die schwedische Posaunistin Karin Hammar. Sie bläst ihr Instrument mit rundem, festem Ton und bevorzugt eine klare, geradlinige Melodieführung. Ihre Soli gestaltet sie dabei allerdings so vielfältig, dass sie voll kleiner, überraschender Wendepunkte stecken.
Acht der neun Stücke auf „Circles“ stammen von Karin Hammar; einzig Nina Simones „Four Women“ ist eine Fremdkomposition. Die allerdings klingt so beschwingt, dass der Gehalt des ursprünglichen Texts der Sängerin verloren ging. Ihr Porträt der vier Frauen strahlt Selbstbewusstsein und Lebensfreude aus – im Gegensatz zu Nina Simones bitterem Song über vier Frauen, die Unterdrückung, Prostitution, Sklaverei und die Beleidigung als „Saffronia“ aushalten müssen, da sie bei Vergewaltigung ihrer asiatischen Mutter durch einen Weißen gezeugt wurden.
Nina Simones harte Anklage in Tönen nachzugestalten, hätte nicht zum unbeschwerten Grundgestus der Produktion gepasst. Karin Hammars Partner in den „Fab 4“, der Gitarrist Andreas Hourdakis, der Kontrabassist Niklas Fernqvist und der Schlagzeuger Fredrik Rundqvist, stehen ebenso wie die Bandleaderin für angenehme, groovende Sounds ohne Ecken und Kanten. Dabei bildet der Saitenklang von akustischer Gitarre oder auch Elektrogitarre durch seine knappe Attacke einen faszinierenden Gegenpol zu den wohlig runden Tönen der Posaune, während sich Bass und Schlagzeug in aller Regel auf ihre konventionelle Aufgabe des Grundierens und Begleitens beschränken. Gerade durch diese Zurückhaltung ihrer Partner gewinnt das melodiöse, in langen Bögen gegliederte Posaunenspiel Karin Hammars in der ausgeglichenen Produktion an Gewicht und Bedeutung.

Werner Stiefele, 15.12.2018

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