Hyperion/Note 1 CDA68202
(80 Min., 12/2017)
Alles, was er vor seinen letzten Schaffensjahren komponierte, war für Franz Liszt eine „exubérance du cœur“, ein einziger Überschwang des Herzens. Sein Spätwerk hingegen spiegelte nach eigenen Worten nur noch eine „amertume de cœur“ wider – die Bitternis des Herzens. Nun sind solche Selbstauskünfte immer auch ein wenig mit Vorsicht zu genießen. Denn dass sich Liszt in seinen letzten Lebensjahren ausschließlich zu einem Meister der radikalen Reduktion und der dunklen Klangfarben verwandelt hätte, gehört zu jenen Legenden, mit denen der französische Pianist Cédric Tiberghien jetzt aufräumt. Unter den sechs Klavierstücken, die allesamt in den 1880er Jahren entstanden sind, findet sich zwar die bekannte 2. „Trauergondel“ (La lugubre gondola), mit der Liszt den Tod seines Schwiegersohnes Wagner vorausgeahnt haben soll. Zugleich schrieb Liszt aber auch den springfreudigen 4. „Mephisto-Walzer“ sowie eine skurril wildfunkelnde „Bagatelle sans tonalité“, die fast als Vorläufer von Anton Karas´ Soundtrack zum „Dritten Mann“ daherkommt.
Gerade mal drei Minuten dauert dieses Stück bei Cédric Tiberghien. Aber diese Zeitstrecke füllt er bravourös und mit dem nötigen Feingefühl für all die harmonischen Brechungen, wie sie auch in den schwermütigeren Piècen wie „Schlaflos! Frage und Antwort“ sowie in dem lyrischen „En rêve“ immer wieder vorkommen. Doch nicht allein für diese ganz späten Werke erweist sich Tiberghien mit seinem Können als idealer Musiker, der das Kantable ungemein kostbar und sublim zum Leuchten bringt. Auch in den sieben Stücken des 3. Jahrgangs der „Années de pèlerinage“, die Liszt zwischen 1867 und 1877 in Rom komponierte, nimmt Tiberghien einen mit seiner sinnlichen und damit stets klaren Espressivo-Intensität genauso gefangen wie mit seiner Brillanz in den prä-impressionistischen „Wasserspielen“. So verbittert kann Liszt auch hier gar nicht gewesen sein, als er dieses musikalische Naturschauspiel schrieb.
Guido Fischer, 09.03.2019
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