Immer wieder beeindruckte mich auf Chick-Webb-Aufnahmen und Ellington-Platten das einfallsreiche, expressive Spiel eines Trompeters, dessen persönlicher Sound und Gestaltungsfähigkeit seine relative Anonymität Lügen strafte: Taft Jordan. Da er 1947 Ellington verließ, um sich mehr seinem Familienleben zu widmen, war er schon 1960, als die hier vereinigten Alben „Mood Indigo“ und „The Swingville All Stars“ entstanden, nahezu vergessen. Sie werden seiner unerkannten Größe nur zum Teil gerecht, anderseits gibt es unter seinem Namen wohl keine besseren Veröffentlichungen. „Mood Indigo“ ist eine Blütenlese ellingtonscher Balladen, die Jordan ganz „moody“ und „pretty“- vielleicht eine Spur zu würdevoll und kontrolliert zelebriert, was heutigen Ohren leider seicht und unspontan vorkommen könnte. Dabei blies er bei Ellington auch knackig, „hot“ und humorvoll, ähnlich seinem Amtsvorgänger Rex Stewart. Manchmal stiehlt der Gitarrist Kenny Burrell Jordan hier die Show.
Die „All Stars“, zu denen die nicht weniger vergessenen Swing-Größen Hilton Jefferson (Altsaxofon) und Al Sears (Tenorsaxofon) gehören, grasen in Blues, Basie- und Ellington-Gefilden. Es herrscht eine entspannte Stimmung. Entfernt erinnert hier der technisch makellose Jordan mit Dämpfer an Harry „Sweets“ Edison. Schön und gut, doch manche Musiker brauchen die Nähe des Genies, um ihr Bestes zu geben.
Marcus A. Woelfle, 27.01.2000
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