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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Bolden

Wynton Marsalis

Blue Engine Records/Galileo BE0015
(70 Min.)

Als der Jazz auf Schallplatten aufgenommen wurde, war der Kornettist Buddy Bolden bereits in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Dort hört er in den 1930ern – so der Plot des im Mai in den amerikanischen Kinos uraufgeführten Films „Bolden“ – ein Konzert von Louis Armstrong: Anlass für einen Rückblick auf das eigene Leben, wobei die Szenen teilweise authentisch und teilweise der Fantasie des Regisseurs und Drehbuchautors Dan Pritzker entstammen.
Hierzu die passende Musik zu komponieren, fällt schwer, zumal von Bolden keine Tonaufnahmen vorliegen und auch die Presseberichte nur wenig hergeben. Bekannt ist nur, dass er einerseits vor seiner Einweisung 1907 zu den besten Trompetern in New Orleans zählte und andererseits von der Musik nicht leben konnte.
An diese Ausgangslage passt Wynton Marsalis seinen Soundtrack an, indem er sich stilistisch am Jazz der 1920er und frühen 1930er Jahre orientiert. Das war jene Zeit, in der die schmückende, das gesamte Klanggeschehen umgarnende Rolle der Klarinette zurückgedrängt wurde und sich die Trennung in Begleitmusiker und Solisten durchsetzte.
Der filmische Trick, Boldens Erinnerungen mit einem Konzert Armstrongs wachzukitzeln, ermöglicht es Marsalis, den Mangel an überlieferten Kompositionen Boldens zu überdecken. Brillant greift er mit Musikern aus dem Jazz At Lincoln Center Orchestra den Klang des frühen Jazz und der mit den Städten New Orleans, Chicago und New York verbundenen Stilistiken auf. Dabei knüpfen sie insbesondere an den Klang von Armstrongs Hot Fives und Hot Sevens sowie dessen ersten Showbands an.
Mit einem guten Gespür für den alten Jazz komponierte Marsalis neue Stücke im alten Stil, außerdem arrangierte er Klassiker wie „You Rascal Your“, „Stardust“, „All The Whores Go Crazy (About The Way I Ride)“, „Basin Street Blues“, „Muskrat Ramble“, „Didn’t He Ramble“ oder „Tiger Rag“ – allesamt Stücke, die zum Repertoire heutiger Dixieland-Bands zählen. Der große Unterschied zu den meisten der heutigen Interpreten: Marsalis und Band fühlen sich so sensibel in die Jazzwelt jener Jahre ein, dass ihre Versionen die prägenden Elemente der alten Stilistik enthalten. Sie zeugen von Hochachtung gegenüber den Anfängen des Jazz und strahlen so viel quicklebendige Spielfreude aus, dass man versteht, warum der Jazz seit den 1920er Jahren ständig neue Fans gewann und zur prägenden amerikanischen Musik wurde.

Werner Stiefele, 20.07.2019


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