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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Gabriel Fauré

„The Secret Fauré“ Vol. III – Sacred Vocal Works

Katja Stuber, Benjamin Appl, Balthasar-Neumann-Chor, Sinfonieorchester Basel, Ivor Bolton

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(88 Min., 8/2019)

„Süper flümina…“ – die erste positive Überraschung beim Hören dieses Albums bietet sofort das erste Stück: Endlich berücksichtigt wieder einmal ein Ensemble die aufführungspraktische Tatsache, dass in Frankreich bis ins 20. Jahrhundert hinein der lateinische Text noch nach französischen Ausspracheregeln ausgesprochen wurde. Welche Erholung für die Ohren, nachdem wir bei international besetzten Einspielungen gleich welcher lateinischen Kirchenmusik seit vielen Jahren fast immer mit jener phonetischen Einheitssoße konfrontiert sind, die sich fälschlich „italienische Aussprache“ nennt und in Wirklichkeit eine angelsächsische Marotte ist.
Die zweite Überraschung ist das erste Stück des Programms selbst: Gabriel Faurés Vertonung von Psalm 137 für Chor und Orchester aus dem Jahre 1863 gehört nicht zu den bekannten Werken des Komponisten, ist aber absolut kennenswert. Die dritte angenehme Überraschung ist dann eigentlich schon eine Selbstverständlichkeit: Dass der Balthasar-Neumann-Chor für ein solches Projekt sehr gut vorbereitet sein und eine exquisite Performance abliefern würde, durfte man erwarten. Man freut sich also unter anderem auf das „Requiem“ als Hauptwerk des Programms, aber auch auf die reizende „Messe des pêcheurs de Villerville“ für Frauenchor und Kammerorchester.
Bei letzterer erfüllt sich die Erwartung vollumfänglich, aber im Falle des „Requiems“ wird der Hörer mit einer weiteren, diesmal unerfreulichen Überraschung konfrontiert: Obwohl dasselbe Ensemble unter derselben Leitung im selben Aufnahmezeitraum mit all den anderen Werken auch die Totenmesse eingespielt hat, wechselte man für dieses Stück von der französischen zur italianisierenden Aussprache des Textes. Historisch gesehen ist das sicher falsch: Noch in einer der ganz frühen Einspielungen des „Requiems“, diejenige von Gustave Bret (1930), ist französisches Latein zu hören. Die hier eingespielte Orchesterversion des Werks von 1900 wurde also zweifellos noch ebenso uraufgeführt.
Dieser sprachliche Bruch mindert deutlich die Freude an der ansonsten famosen Einspielung – famos auch deshalb, weil auf vokaler Ebene ein guter Kompromiss gefunden wurde zwischen den Extremen der allzu geschniegelt phrasierten und vibratofreien, an der Alten Musik geschulten Singweise à la Ensemble „Tenebrae“, der unsensibel rohen Darbietung durch semiprofessionelle Konzertchöre (so etwa in der Giulini-Einspielung) und der eigentlich sympathischen, aber für heutige Ohren nicht mehr gut erträglichen Interpretation durch französische Laienchöre, wie sie in Aufnahmen aus den 50er- und 60er-Jahren (zum Beispiel bei Cluytens) noch zu erleben ist.

Michael Wersin, 16.05.2020


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