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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Angular Blues

Wolfgang Muthspiel

ECM/Universal 0814506
(54 Min., 8/2018)

Eine akustische Gitarre, ein seelenvoll schnurrender Kontrabass und eine Weite, die ans amerikanische Herzland denken lässt: Natürlich fühlt man sich bei Wolfgang Muthspiels viertem Album für ECM zunächst einmal an Pat Methenys und Charlie Hadens Aufnahme „Beyond the Missouri Sky“ erinnert.
Die vierte Nummer auf „Angular Blues“ wäre da ein besonders gutes Beispiel. Wenn nicht der Titel wäre, „Hüttengriffe“, sowie Muthspiels Weigerung, den sanft-verträumten Anschlag Methenys zu imitieren. Im Gegenteil – der Österreicher macht das, wofür jeder große Jazzmusiker steht. Er spielt sein Leben.
Was im Falle Muthspiels heißt: Man hört die alpenländische Herkunft, so etwas wie eine Zither; man spürt die Prägung durch die Zeit in New York; man merkt auch, dass in dem Gitarristen auch ein Sänger schlummert, wie seine zwei Singer/Songwriter-Alben belegen.
Im Verbund mit dem schon auf der Trio-Einspielung „Driftwood“ erprobten Gespann, dem Bassisten Scott Colley und dem Schlagzeuger Brian Blade, kann Muthspiel all das instrumental ausleben. Der Metheny/Haden-Vergleich erübrigt sich ohnehin schnell. Ähnlich beherzt, wie Muthspiel seine Akustische in den ersten vier Stücken der Aufnahme greift, sind auch die Kompositionen. Gewitzt und kernig verweisen sie wie im Fall des Titelstücks „Angular Blues“ in Richtung Thelonious Monk oder wecken Erinnerungen an Jaco Pastorius („Wondering“).
Sobald Muthspiel zur elektrischen Gitarre greift, ändert sich das Bild. Es wird einerseits europäischer, wenn der Österreicher mittels eines Delayeffekts fein gesponnene Fugenkonstruktionen entwirft („Kanon in 6/8“, „Solo Kanon in 5/4“), andererseits aber auch merklich jazztraditioneller.
Mit spürbarem Spaß nimmt sich das Trio im zweiten Teil des Albums Bebop-Floskeln vor. Was bei anderen zu Angeberei verkommen könnte, wird bei den drei uneitel erdverbundenen Musikern zu einer Stilübung in Sachen Eleganz. Und auch wenn sie Standards spielen wie etwa „Iʼll Remember April“, weht ein frischer Wind über die verstaubten Real-Book-Seiten – in diesem Fall eine Brise Calypso. So ganz nebenbei wird klar, dass Wolfgang Muthspiel Österreichs wichtigster Beitrag zum modernen Jazz seit Joe Zawinul ist.

Josef Engels, 23.05.2020


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