Der Komponist Thomas Adès hat sich seit Anfang seiner nun auch schon über 25 Jahre währenden Karriere gleichfalls auch als Pianist etabliert, nicht nur der eigenen, gern virtuos modern gehandhabten Werke. In jüngster Zeit hat er sich den amerikanisch-russischen, in Berlin lebenden Klaviervirtuosen Kirill Gerstein als partner in piano crime ausgesucht. Zwar gehört Gerstein schon seit über zehn Jahren zu den bevorzugten Adès-Interpreten, doch jetzt sind gleich zwei CDs erschienen, auf denen er Werke des englischen Tonsetzers eingespielt hat. Nach dessen Klavierkonzert widmet sich Kirill Gerstein nun diversen Stücken aus verschiedenen Schaffensphasen. Es beginnt mit zwei Werken, die mit Adès-Opern verbunden sind. Gerstein und Adès spielen mit fingerfertigem Elan die 2015 erstellte, vierteilige Concert Paraphrase über „Powder Her Face“, die Kammeroper über eine englische Skandalherzogin, die Adès 1995 berühmt machte. Ironisch und exzentrisch, verliebt und verzweifelt haucht das dem salonhaften Genre der Opernparaphrase neues Leben ein. Die sanftmütige Berceuse aus der Bunuel-Vertonung „The Exterminating Angel“ hat in der Oper als Selbstmordmusik eine dramaturgisch wichtige Rolle. Zudem erspielt sich Gerstein mit sensiblem Gespür drei Klaviermazurkas als moderne Auseinandersetzung mit einer alten polnischen Tanzform – und natürlich als liebevolle Chopin-Reminiszenz. Das Hauptwerk der CD ist die siebenteilige Suite „In Seven Days“ für Klavier und das von Adès kraftvoll dirigierte Tanglewood Music Center Orchestra. Der klingende, mal fugierte, mal überschäumend perlende Schöpfungsbericht hat im Übermaß die brillant-sphärische Eklektik, für die der durchaus gefallen wollende Adès steht. Und die Gerstein mit disziplinierter Strenge ideal ausbalanciert spielt.

Matthias Siehler, 04.07.2020

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