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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Hans Werner Henzes Kleist-Vertonung „Der Prinz von Homburg“ ist ein immer noch packendes Kammerspiel. Ein Jüngling kämpft – gegen sich selbst und gegen das System. Das heißt Preußen, aber auch Deutschland, es geht um Kadavergehorsam. Der Prinz von Homburg soll hingerichtet werden, weil er eben entgegen des Befehls seines fürstlichen Onkels handelnd trotzdem die Schlacht bei Fehrbellin gegen die Schweden gewonnen hat. Der pazifistische Fantast Hans Werner Henze komponierte daraus 1960 trotz allen Säbelrasselns ein höchst fragwürdiges, ja anrührendes, auf das individuelle Schicksal dieses fast naiven Prinzen konzentriertes Musiktheater. In Stuttgart wird diese so theatralische, soghafte Musik vom GMD Cornelius Meister und dem Staatsorchester als scharfzüngiges preußisches Märchen rhetorisch und klanglich überzeugend umgesetzt. Prinzessin Natalie, des Prinzen Braut, singt Vera-Lotte Böcker mit rebellisch loderndem Sopran, die Tante Kurfürstin ist die verknöcherte Helene Schneiderman. Der Kurfürst, den Stefan Margita als starrsinnigen Politgreis tenorcharakterstudiert, steht an der Spitze einer fein ausdifferenzierten Offizierstypenbrigade. Trotzdem gehört diese packende Oper einzig dem Prinzen: Robin Adams macht diesen Träumer als sehr heutigen Nerd mit lyrisch kompaktem Bariton plausibel. Mit wütendem Furor und zerbrechlicher Zärtlichkeit, Schutz heischend und Angst einflößend, an sich selbst zweifelnd, am Rand des Abgrunds, der Wahnsinn heißt. Als Tagtraumtänzer und Nachtwandler. Der vokal wie scharfkantig geschnitzt wirkt und sich doch weich abrunden lässt.

Matthias Siehler, 01.08.2020


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