SFSM/Warner 2193600792
(81 Min., 11/2018 & 1/2020) 2 CDs
Es wurde nichts mit der großen Verabschiedung von Michael Tilson Thomas, der nach 25 Jahren beim San Francisco Symphony nicht nur unter dem Kürzel MTT/SFO und dem gerne zelebrierten Festival „American Mavericks“ so vielgestaltig wie innovativ eine Ära geprägt hat. Corona hat alles ausgebremst, die Verschiebung in den Herbst für ein Finalkonzert unter dem alten Chef wie den Neuanfang unter dem ebenfalls vertrauten Pultherren Esa Pekka Salonen. So wird jetzt dieses Doppel-Album zum wenigstens akustischen Abschiedsgruß. Wie sein großes Vorbild Leonard Bernstein hat sich auch MTT immer als komponierender Dirigent verstanden, nur ist sein Output ungleich kleiner und weniger bedeutend. Und gern hat er sich an literarischen Vorlagen angelehnt, die seinen sich wenig um Zeitgeistigkeit oder Moderne kümmernden Stil durch ihre Inhalte verstärken lassen. So auch hier: Mit „From the Diary of Anne Frank“ hat er sein „Erfolgsstück“ für eine Sprecherin verewigt, die gebunden rezitierend zu einem filmmusikalisch-atmosphärisch agierenden Orchester Exzerpte des weltbekannten Textes vorträgt. Audrey Hepburn hat das 1990 uraufgeführt, aktuell gestaltet es souverän die Mezzosopranistin Isabel Leonard, die diese rhythmische Prosodie mehr als Diseusen-Musik erscheinen lässt, himmelhoch jauchzend wie zu Tode betrübt, dabei immer anrührend ohne falsches Sentiment. Innerhalb der Vielfalt von Liedvertonungen nach Rainer Maria Rilke wird der sechsteilige Zyklus „Meditations on Rilke“ für Mezzo und Bassbariton von 2019 freilich keinen Spitzenplatz einnehmen. Obwohl Sasha Cooke und Ryan McKinny viel herbstlich dunkle, ja melancholische Emphase in die düsteren Lieder stecken. Das Vorbild Mahler schimmert durch und wird doch nie erreicht.
Matthias Siehler, 22.08.2020
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