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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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ReFocus

Tim Garland

Edition Records/Membran EDN 1159
(35 Min., 2017/2019)

Beginnen wir mit dem Meisterwerk. Der Tenorsaxofonist Stan Getz bestellte vor etwas mehr als sechzig Jahren bei Eddie Sauter ein längeres Werk, bei dessen Ausgestaltung mit Stücken für Bigbands der erfahrene Komponist und Arrangeur freie Hand hatte. Dieser wiederum wagte etwas Ungewöhnliches, selten Erprobtes: Er griff die Idee des „Third Stream“ auf und komponierte ein Orchesterstück für Streicher, Jazz-Rhythmusgruppe und den Auftraggeber – das sieben Titel umfassende „Focus“. Ihm gelang, woran viele vor und nach ihm gescheitert sind: Mehrstimmig gesetzte Streicher und Jazzmusiker ergänzten sich schlüssig, obwohl Getz bei einem Teil der Orchesteraufnahmen überhaupt nicht anwesend war und seinen Anteil erst nach deren Fertigstellung per Overdub ergänzte.
Nun zu Tim Garland. Völlig zurecht bewundert er das von Juli bis September 1961 eingespielte Meisterwerk. Er beschloss, etwas Ähnliches für die Gegenwart zu schaffen, sozusagen die Getz-Sauterʼsche Traditionslinie fortzusetzen und dabei auch die seitdem erfolgte Musikentwicklung zu berücksichtigen. Mit einem Unterschied: Seine Komposition geht nicht von den Streichern aus, sondern von seiner Jazzformation, die er um Streicher ergänzt. Die Themen hierfür holte er sich aus Stan Getzʼ Improvisationen. Der Mann am Mischpult, Dan Hayden, agierte entsprechend und schuf einen knackigen, transparenten, den heutigen Aufnahmemaßstäben entsprechenden, sehr präsenten Bandsound mit beachtlichem Fokus auf Kontrabass und Saxofon. Dadurch wirken die Streicher oft wie eine als Ergänzung beigemischte Farbkomponente.
Eine Komposition von Stan Getzʼ Focus-Platte übernahm Garland als Opener auf seine ReFocus-Scheibe. Im Vergleich mit dem Original wird die veränderte Schwerpunktsetzung deutlich: Die Jazzinstrumente dominieren über die Streicher. Dies gilt auch für die Eigenkompositionen Garlands, der weniger auf die romantisch-verträumte, an Filmmusiken erinnernde Klangwelt Sauters setzt und diese nonchalant wie Getz ergänzt. Er konzentriert sich stattdessen auf Volumen, Energie und Farbenpracht seiner komponierten und improvisierten Beiträge und lässt seine Jazzpartner wie bei einer exzellenten Jazzsession loslegen. Stellenweise klingen die Streicher, als seien sie später eingefügt worden, sie wirken entsprechend blass. Magische Momente entstehen meist dann, wenn die Jazzer unter sich bleiben und die Streicher Pause haben.

Werner Stiefele, 19.09.2020


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