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N° 1353
13. - 21.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Schon zu seinen Lebzeiten wurde der italienische Komponist Giacinto Scelsi (1905–1988) vom Radarschirm der zeitgenössischen Musik nahezu übersehen. Was ihm ganz recht gewesen ist. Denn der aus La Spezia stammende, gebürtige Adelssohn mit dem erlesenen Namen Giacinto Conte dʼAyala Valve Scelsi hatte stets seine Eigenbrötlerei kultiviert. Freiwillig fotografieren ließ er sich nie. Und statt gleich ordentlich seine Kompositionen niederzuschreiben, mussten fleißige Mitarbeiter oftmals seine per Tonband mitgeschnittenen Improvisationen auf Notenpapier übertragen. Vor vielen Jahren bekam nun der beim Klangforum Wien aktive Kontrabassist und Komponist Uli Fussenegger die Gelegenheit, in Rom in der Fondazione Isabella Scelsi bislang unzugängliche Aufnahmen von Scelsi anzuhören, die er auf dem Synthesizer-ähnlichen Tasteninstrument „Ondiola“ gemacht hatte. Aus dieser akustischen Entdeckungsreise entstand denn auch das Kompositionsprojekt „Scelsi Revisited“, für das Fussenegger sieben Komponistenkollegen gewinnen konnte. Den Österreicher Georg Friedrich Haas, den französischen Spektralisten Tristan Murail, die Schweizer Michael Pelzel und Michael Roth sowie auch Nicola Santi, seines Zeichens der ehemalige Präsident der Scelsi-Fondazione, lud Fussenegger ein, ein Werk anhand Scelsis Ondiola-Aufnahmen zu schreiben. Für seine „Introduktion und Transsonation“ für 17-köpfiges Ensemble griff Haas unmittelbar auf die historischen Klangdokumente zurück. Fusseneggers fast 45-minütiges Ensemblestück „San Teodoro 8“ ist ein auch von Orientalismen durchfaserter Scelsi-Remix. Und während „cardinem“ der Norwegerin Ragnhild Bergtstad sich auch in die spindeldürren Mikrotonal-Welten vorwagt, mit denen der Geehrte seine Fühler in Richtung Kosmos ausstreckte, lassen Tristan Murail mit „Un Sogno“ sowie Michael Pelzel mit der „Sculture di suono“ auch jene urelementaren Soundballungen umhergleiten und schweben, mit denen Scelsi so oft und so magisch eine ganz andere Farbe in die Neue Musik gebracht hat. Für all diese Verbeugungen erweist sich das Klangforum Wien unter den vier verschiedenen Dirigenten als das ultimativ ideale Ensemble.

Guido Fischer, 31.10.2020


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