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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Morricone Stories

Stefano Di Battista

Warner 9029504425
(50 Min., k. A.)

Der wohl bekannteste Filmkomponist aller Zeiten konnte mit Improvisationen nicht viel anfangen. Gewiss hat Ennio Morricone in seinen Scores auch immer wieder mal mit jazznahen Elementen gespielt. Aber die in den Nachrufen auf den 2020 verstorbenen Meister erhobene Behauptung, er habe neben seiner Komponistentätigkeit auch Free Jazz gemacht, beruht auf einem Missverständnis. Die „Gruppo di Improvvisazione Nuova Consonanza“, in der Morricone Trompete spielte, war nämlich eine extrem gut durchgeprobte Avantgarde-Versuchsanordnung und kein wilder Haufen, bei dem jeder sein Ding machte.
Dass sich die Filmmusiken des Italieners jedoch glänzend in den Jazzkontext übertragen lassen, beweist nun ein Landsmann an Alt- und Sopransaxofon, mit dem Morricone in seinen letzten Lebensjahren freundschaftlich verbunden war. Für seine „Morricone Stories“ hat sich Stefano Di Battista gemeinsam mit seinem italienisch-französischen Quartett (Fred Nardin: Piano, Daniele Sorrentino: Bass, André Ceccarelli: Drums) zwölf Stücke aus dem riesigen Repertoire des unermüdlichen Tonsetzers vorgenommen.
Und gerade die weniger bekannten Nummern aus eher obskuren Filmwerken wie „Cosa avete fatto a Solange?“ (eine Edgar-Wallace-Verfilmung mit Joachim Fuchsberger) zeigen, wie konstant hoch die musikalische Latte bei Morricone hing: Er schrieb auch Melodien für die Ewigkeit, wenn kaum einer zuhörte.
Mit Respekt, großem Spaß und liebevoller Leidenschaft übersetzen Di Battista und die Seinen diese kantablen Linien in das Modern-Jazz-Idiom der 1950er-Jahre. „Veruschka“ prickelt als Jazz-Samba so lässig und leicht wie ein Prosecco auf einer italienischen Piazza bei Sonnenuntergang. „Metti, una sera a cena“ wiederum wechselt zwischen swingender Bebop-Rasanz mit Charlie-Parker-Allusionen und schlenderndem Bossa-Dolce-far-niente. Und „The Good, the Bad and the Ugly“ mit seinem charakteristischen Motiv, das von einem Koyotenruf inspiriert wurde, wird bei Di Battista zu einem modalen Coltrane-Klassiker, der sich gut auf der „Blue Train“-LP gemacht hätte.
Auch wenn der Saxofonist hier und da mal eine krumme Taktart einschmuggelt oder in seinen Soli ganz kurz das harmonische Terrain verlässt, tut er den Stücken niemals Gewalt an. Was eine gewisse Kitsch-Gefahr birgt, die Di Battista aber in den meisten Fällen gut zu umschiffen weiß. Und ehrlich gesagt: Lieder wie „Deborahʼs Theme“ aus „Once Upon A Time in America“ oder das eigens von Morricone für Di Battista geschriebene „Flora“ sind einfach viel zu schön in ihrer zerbrechlichen Schlichtheit. Sie mutwillig zu dekonstruieren, wäre ein schändliches Verbrechen eines Schurken, wie er im Italo-Western-Drehbuch steht.

Josef Engels, 01.05.2021


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