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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Luciano Berio

„Berio to Sing“ (Sequenza III, Folk Songs, Cries of London, Michele II u. a.)

Lucile Richardot, Les Cris de Paris, Geoffroy Jourdain

harmonia mundi HMM 902647
(58 Min., 6 & 11/2020)

Heute noch wird dem Club der Nachkriegsavantgarde ja ein Übermaß an kompositorischer Grübelei nachgesagt. Auch Luciano Berio gehörte in den Roaring Fifties zwar dem Zirkel um Stockhausen und Boulez an, beherrschte er doch das damals angesagte serielle Komponieren nach allen Regeln der Rationalität. Doch schon da hatte der Italiener längst bewiesen, dass er kein Mann für intellektuelle Verbissenheit war, sondern lieber seine Ohren wie riesige Antennen in die Welt halten wollte. Und sein Fundus an musikalischen Fundstücken, Adaptionen und Re-Kreationen war so riesig wie bunt. Speziell für seine Frau, die legendäre Altistin Cathy Berberian, arrangierte er Volkslieder und Beatles-Songs. Und ihren wendigen Stimmkörper verewigte Berio 1965 mit der Solo-Achterbahn „Sequenza III“. Da werden Wortfetzen und Atemübungen wie in einem Vokal-Comic aufeinander losgelassen, verwirbeln sich in diesem musiktheatralischen Show-Piece rasende Koloraturen, Lach- und Hustenanfälle miteinander. Mit „Sequenza III“ läutet nun auch die französische Mezzosopranistin Lucile Richardot das Programm „Berio to Sing“ ein, das sie zusammen mit dem Vokal- und Instrumentalensemble Les Cris de Paris unter Geoffroy Jourdain aufgenommen hat. Wie eine Sprungfeder setzt sie ihr Organ surreal in Bewegung – bevor sie danach in den populären „Folk Songs“ für Mezzosopran und Kammerensemble mit ihrer schon fast legendär dunkeltimbrierten Stimme punktet. Überhaupt wechselt sich in dieser Werkzusammenstellung Bekanntes mit Raritäten ab. „Cries of London“ für A-cappella-Chor besingt die Londoner Straßenverkäufer. „Michelle II“ gehört hingegen zu jenen Beatles-Adaptionen, bei denen deutlich wird, dass selbst Berio diesem Evergreen nichts wesentlich Neues abgewinnen konnte. Betörend mit seinem schwebenden und funkelnden Gewebe: „O King“ für Stimme und fünf Instrumente, das ein Teilstück aus Berios weltberühmter „Sinfonia“ ist. Und über den Kammerchor-Satz „There is no tune“ schließt sich auch biografisch der Kreis: 2002 und damit ein Jahr vor seinem Tod richtete Berio das sizilianische Liebeslied „E si fussi pisci“ für gemischten Chor ein – und bei dem einem dank Les Cris de Paris jetzt ganz und gar das Herz aufgeht.

Guido Fischer, 26.06.2021


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