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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Franz Schubert

The Small Song Cycles

Markus Schäfer, Zvi Meniker

Passacaille/Note 1 PAS1084
(70 Min., 11 & 12/2018)

Gleich mehrere Besonderheiten prägen dieses Schubert-Lieder-Album sowohl interpretatorisch als auch programmatisch: Zunächst einmal ist es die Wahl des Hammerflügels als Begleitinstrument. Im Rahmen der historisierenden Aufführungspraxis, die ja auch den Bereich der Kunstlied-Interpretation beeinflusst, wird dies zwar schon seit längerer Zeit immer wieder praktiziert, aber es ist bisher keinesfalls zum „Mainstream“ geworden. Original oder nicht, das Hörerlebnis ist natürlich insgesamt ein anderes, wenn die Gesangsstimme nicht vom ausgeglichenen, durch alle Lagen hindurch homogenen Klang eines modernen Flügels eingehüllt, sondern vom raueren, weniger schmeichelnden Sound des Hammerflügels eher kontrapunktiert und auch ein wenig „aufgemischt“ wird. Nun ist Markus Schäfer ohnehin kein Klangästhet um jeden Preis, sondern ein konsequent von der Sprache her denkender Sänger-Rezitator, der auch einen grellen und schonungslos offenen Ansatz nicht scheut, wenn es dem Ausdruck dient. Deshalb fügt sich sein Singen mit Zvi Menikers umsichtiger, detailgenauer und stets hellwach am Wort orientierter Begleitung zu einem sehr kreativen Gesamteindruck, ein Stück abseits der vertrauten Lied-Konventionen.
Kreativ historisierend ist des Weiteren die Adaption von überlieferten Ornamenten der Gesangsstimme aus der Feder von Johann Michael Vogl, jenem Sänger, der zu einem wichtigen Schubert-Interpreten wurde, nachdem er den Komponisten und seine Lieder kennengelernt hatte. Mit den Verzierungen, von denen sich Schäfer und Meniker auch zu ähnlichen Modifikationen bei anderen, nicht von Vogl ausgezierten Liedern inspirieren ließen, schlachten die Interpreten ebenfalls eine heilige Kuh: Schuberts Kantilenen sind definitiv nicht unantastbar in ihrer überlieferten Gestalt, sondern wurden schon zu Lebzeiten des Komponisten variiert, wenngleich diese Praxis von Anfang an Kritiker in Schuberts direktem Umfeld fand. Es ist hilfreich und gut, sich als Hörer mit diesen teils recht weit gehenden Ornamenten zu konfrontieren: Sie bewegen sich auf einem schmalen Grat zwischen verspielter Künstlichkeit und ausdrucksverstärkender Sprachnähe und lassen die Grenze zwischen Komposition und Interpretation ein wenig verschwimmen.
Zu guter Letzt ist noch zu erwähnen, dass auch die Zusammenstellung der Lieder eine besondere ist: Sie folgt den Opuszahlen, unter denen Schubert selbst viele seiner Gesänge zusammenfasste. Zwar entstanden dadurch nicht „Zyklen“ nach Art der „Winterreise“ oder der „Müllerin“. Aber es kommen, folgt man den Zahlen, Lieder miteinander zum Vorschein, die sonst nicht oder zumindest nicht in dieser Kombination in ein Liederabendprogramm Eingang finden. Ein interessanter Ansatz.

Michael Wersin, 03.07.2021


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