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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Tarquinio Merula, Francesco Cavalli, Andrea Gabrieli u. a.

„Sculpting the fabric“

La Vaghezza

Ambronay/Note 1 AMY313
(52 Min., 7/2020)

Die bahnbrechenden Weiterentwicklungen, die den Epochenübergang von der Renaissance zum Barock kennzeichnen und prägen, wurden ab dem späteren 16. Jahrhundert besonders im vokalmusikalischen Repertoire vorbereitet: In den Madrigalen wurde extreme Textnähe mithilfe von harmonischen Wagnissen und aussagekräftigen musikalischen „Tonmalereien“ erprobt. In den Bearbeitungen von Motetten wurde mit dem Mittel des Diminuierens solistische Virtuosität umgesetzt, hierbei kamen zusammen mit Stimmen auch Instrumente zum Einsatz. Und die neu entstehende Gattung Oper brachte mit dem „stile recitativo“ eine neue, freie Art des musikalischen „Erzählens“ über kreativer akkordischer Begleitung mit sich. Als es dann im 17. Jahrhundert zur Emanzipation der Vokalmusik kam, schöpften die Instrumentalistinnen und Instrumentalisten aus dem reichen experimentellen Pool an Kompositions- und Improvisationstechniken, den die Gesangskunst in ihrem Bemühen um Sprachnähe vorbereitet hatte: Auch Instrumente sollten nun „sprechen“ lernen, auch dann, wenn sie ohne Gesang und damit ohne Textgrundlage zum Einsatz kamen. Auf diese Weise entwickelte sich rasch eine immer eigenständigere Instrumentalmusik, die durch ihre Herkunft sehr rhetorisch angelegt war und in der Improvisation eine große Rolle spielte. Bald verselbständigte sich das Repertoire unter anderem dadurch, dass die Instrumente zu einer eigenen Sprache fanden, die in puncto Virtuosität zum Beispiel weit über das hinausgehen konnte, was man sich vom Gesang abgeschaut hatte.
Ein wichtiges Agens auf dem Weg zu einer spezifisch instrumentalen Virtuosität ist der Rhythmus: In den Continuogruppen der Zeit werden Lauteninstrumente eingesetzt, die nicht nur gezupft, sondern geschlagen werden können und auf diese Weise nachhaltig für markante Bewegtheit zu sorgen vermögen. Das junge Ensemble „La Vaghezza“, bestehend aus Violine, Violoncello, Theorbe und Tasten-Continuoinstrument, bringt sowohl spieltechnisch als auch in Sachen Kreativität alle Voraussetzungen mit, um die beschriebene musikalische Epoche anschaulich und unterhaltsam zum Hörerlebnis zu machen. Mit Musik von Salomone Rossi, Tarquinio Merula oder Francesco Cavalli erwecken sie eine Zeit zu blühendem Leben, die für die europäische Musikgeschichte von zentraler Bedeutung ist. Diminutionen auf Basis von Vokalkompositionen, aber vor allem auch frühe instrumentale Formen wie Sonaten, Canzonen und Sinfonien fügen sich zu einem bunten, ungeheuer abwechslungsreichen Programm, das die Hörerschaft ununterbrochen in Atem hält. Ein großartiges Album-Debüt.

Michael Wersin, 14.08.2021


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