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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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A Love Supreme: Live At Seattle

John Coltrane

Impulse/Universal 3849997
(75 Min., 10/1965)

Einige wenige Alben zählen zu den Sternstunden des Jazz. „A Love Supreme“, aufgenommen am 9. Dezember 1964, gehört in diese Kategorie – auch wenn die 1965 veröffentlichte Langspielplatte nur 32 Minuten Musik bietet. Die aber schwingt noch lange, nachdem der Tonabnehmer abgehoben hat oder die CD sich abgeschaltet hat, im Zuhörer nach. Wer das kurze Kontrabassmotiv gehört hat, mit dem Jimmy Garrison die natürliche Sprechmelodie der Worte „A Love Supreme“ nachgebildet hat, wird sie so wenig vergessen wie das etwas verschlungenere Saxofonmotiv von John Coltrane, den Puls des Schlagzeugers Elvin Jones und das Klavierspiel von McCoy Tyner. Diese vierteilige Suite lässt die Hörer die Spiritualität Coltranes, seine Suche nach der Einheit mit Gott oder einer vergleichbaren Instanz der überirdischen Liebe nachvollziehen.
Nur dreimal wagte sich Coltrane vor Publikum an dieses sehnsuchtsvolle Werk: am 26. Juli 1965 auf dem Jazzfestival in Antibes, am 2. Oktober 1965 im Penthouse Club in Seattle und am 24. April 1996 in der St. Gregory’s Church in Brooklyn. Vom Auftritt in der Kirche ist kein Mitschnitt bekannt, während beim Festival und im Jazzclub Bandmaschinen mitliefen; letztere wurden 2020 entdeckt. Im Club hatte der Jazzfan Joe Brazil je ein Mikrofon beim Klavier und ein zweites in der Nähe von Bass, Schlagzeug und Solisten, was ein etwas schlagzeuglastiges Stereobild ergibt.
John Coltranes Stil hatte sich – dies verdeutlicht auch das wenige Tage zuvor im selben Club mit professionellem Equipment aufgenommene Album „Live In Seattle“ – in den zehn Monaten seit der Urfassung beträchtlich gewandelt. Hier und am letzten Tag des Gastspiels aufgenommenen „A Love Supreme“ blies er wesentlich freier, kürzelhafter, eruptiver, weniger verinnerlicht. Der inzwischen zu Coltranes Stammformation gestoßene Saxofonist Pharoah Sanders beförderte diesen Trend, während dem dritten, als Gast gelegentlich zu hörenden Saxofonisten Carlos Ward nur eine Nebenrolle zukam. Daniel Rafael Garrett hingegen verstärkte den Basspuls des Septetts erheblich. Bei einer Gesamtdauer von 75 Minuten gingen der hymnische, religiös anmutende Charakter sowie die konzentrierte Atmosphäre des Stücks verloren, zumal ein Schlagzeug- und drei Basszwischenspiele die Abfolge der Sätze „Acknoledgement“, „Resolution“, „Pursuance“ und „Psalm“ unterbrechen. Deshalb ist die Live-Aufnahme aus Seattle weit von der emotionalen Tiefe der originalen Studioversion entfernt.

Werner Stiefele, 23.10.2021


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