Genießen Sie! Nehmen Sie sich eine Dreiviertelstunde Zeit. Es lohnt sich, denn so entspannt und differenziert wie der Pianist Bill Charlap, der Kontrabassist Peter Washington und der Schlagzeuger Kenny Washington einen Reigen von Standards interpretieren, hat dies schon lange kein Klaviertrio mehr unternommen. Und so harmonisch wie der Toningenieur James Farber nehmen auch nur wenige die drei Instrumente auf: einerseits klar und präzis und zudem mit genau dem richtigen Grad an Wärme, Dichte und differenzierter Dynamik.
Auch musikalisch ist alles aufs Feinste abgestimmt – das Ergebnis einer fast 25-jährigen Partnerschaft. Mit enormem Einfühlungsvermögen füllt Peter Washington die kleinen Lücken in Charlaps Melodien mit eigenen, korrespondierenden Melodien, während Kenny Washington mit Stöcken und Besen ähnlich sensibel Akzente setzt. Dadurch wird ihre Interpretation von „The Duke“ weicher als die Urversion von Dave Brubeck. Ein nachdenkliches „Day Dream“, beschwingte Versionen mit elegantem Spielwitz von „You’re All The World To Me“, „Your Host“ und „Out Of Nowhere“ dazu die verträumten Balladen „I’ll Know“, „What Are You Doing The Rest Of Your Life“ und „Street Of Dreams“ fügen sich zu einem abwechslungsreichem, geschickt mit Stimmungen spielenden Programm.
„Natürlich geht es ums Improvisieren“, erklärt Bill Charlap das Geheimnis der Intimität. Die Tiefe der Improvisation sei im Lauf der Jahre gewachsen – und damit auch die Fähigkeit, die Richtung zur Verblüffung untereinander und der Zuhörenden zu wechseln. Damit verleihen sie ihrem ausgewogenen, in sich ruhenden und von Glamoureffekten freien Ensemblespiel so viel Raffinesse, dass der Spannungsbogen nie abreißt und immer wieder neue Überraschungsmomente ergeben. Oder ganz einfach: Das Album ist ein Meisterwerk des feinsinnig swingenden Jazz.

Werner Stiefele, 13.11.2021

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