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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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„When I Was“

Olaf Taranczewski, Benedikt Stehle, Jean-Philippe Wadle

Hey!blau Records/Hey!blau HBL-21041
(59 Min., 3/2021)

Das wurde aber auch Zeit: Nach dem achtsamen Atmen, achtsamen Gärtnern und achtsamen Morden (so der Titel einer offenbar recht erfolgreichen Krimibuchserie) gibt es jetzt auch endlich das achtsame Jazzen. Zu diesem Schluss kann man jedenfalls kommen, wenn man das Debütalbum des Trios um den Berliner Pianisten und Komponisten Olaf Taranczewski hört.
Auf „When I Was“ scheint Taranczewski jedem einzelnen Ton die höchste Aufmerksamkeit zuteilwerden zu lassen, bevor er ihn sacht aus dem Bauch seines Klaviers entlässt. Bassist Jean-Philippe Wadle vermag Ostinati mit zenartiger Selbstlosigkeit bis in alle Ewigkeiten durchzuhalten, ohne mit der Wimper zu zucken. Und Schlagzeuger Benedikt Stehle platziert jeden Becken-Stupser und Snare-Streichler auf seinem Set mit einer geradezu hypnotischen Akkuratesse.
Es gibt sicherlich einige Vorbilder für diese Art des extrem sparsamen Musizierens: Man darf sich durchaus an Tord Gustavsens Klavier-Askese, Brad Mehldaus auf „Largo“ praktizierte Stimmungsmalerei oder an die derzeit sehr beliebten Neo-Piano-Minimalisten wie Ludovico Einaudi oder Nils Frahm erinnert fühlen.
Und dennoch haben die Stücke von Bandleader Taranczewski durchaus etwas Eigenes. Deutlich ist ihnen anzuhören, dass der Pianist ein preisgekrönter Komponist von Filmmusik ist und dementsprechend ein hervorragendes Gespür für dramaturgische Spannungsbögen und evokatives Erzählen hat. Auch wenn in den Nummern oberflächlich betrachtet nicht viel passiert – hier ein gleichbleibender Ruhe-Groovepuls, dort ein paar homöopathisch eingeträufelte Klaviernoten – so fällt es doch schwer, sich ihrer Wirkung zu erziehen. Ist das da gerade ein katholisches Kirchenlied? Kenne ich diese einprägsame Melodie nicht aus einer 90er-Jahre-Romcom? Kann es sein, dass da ganz im Hintergrund eine tibetische Gebetsglocke zu vernehmen ist?
Wie auch immer: Wenn man sich von diesem Trio einfühlsam beschallen lässt, ist man plötzlich ganz bei sich. „When I Was“? Eher „Now I Am“.

Josef Engels, 08.01.2022


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