Leonidas Kavakos’ diskografische Beschäftigung mit den Solo-Violinwerken Johann Sebastian Bachs geht auf das Jahr 2002 zurück. Damals machte er als immenses Geigentalent mit einem Album von sich reden, für das er Werke von Igor Strawinski sowie die erste Partita und erste Sonate von Bach ausgewählt hatte. Nun aber war die Zeit reif, sich einmal dem Bachschen Komplettpaket zu widmen. Und wie schon in seinen bisherigen Bach-Exkursionen, bei denen er die Pianistin Yuja Wang zur Seite hatte, zeigt sich Kavakos mit seiner Mischung aus intellektueller Durchdringung und sinnlicher Ansprache in Bestform. Wobei sich das alles nicht nur ungemein federleicht gespielt anhört; selbst in den kostbarsten Momenten etwa in den langsamen Sätzen der Sonaten verharrt er nicht in bewundernder Demut. Vielmehr lässt Kavakos diese musikalischen Wunderwelten einfach aus sich herausfließen. Das notwendige Gespür für die kantable Selbstverständlichkeit hat er schließlich und erst recht auch jenen farbenreichen Ton, mit dem er selbst in die geheimnisvollsten Ecken einer „Siciliana“ oder einer „Sarabande“ hineinleuchten kann. Was ihm im Intimen gelingt, schafft er wenig überraschend auch unter Hochgeschwindigkeitsbedingungen. Alles sitzt sorgfältig und perfekt. Mit dieser Souveränität im Handwerklichen gelingt ihm von mitreißendem Schwung über erlesene Tanzrhythmen bis hin zur luftigen Kontrapunktik alles, was musikalisches Leben ausmacht.

Guido Fischer, 19.02.2022

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