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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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„Stay Now“

Joel Lyssarides

ACT/Edel 1099422ACT
(43 Min., 9/2021)

In einer Hinsicht kann es der 1992 geborene schwedische Pianist Joel Lyssarides bereits mit dem größten Star des Labels ACT aufnehmen: Seine Songs wurden auf Spotify bereits über 50 Millionen Mal abgerufen; das sind Zahlen, die eher an Esbjörn Svensson denken lassen als an einen außerhalb seines Heimatlandes noch weitestgehend unbekannten Musiker.
Wenn man nun Lyssarides’ internationales Debüt anhört, zu dem ihm ACT verholfen hat, staunt man über den großen Erfolg auf dem Streamingdienst. Denn die Musik des jungen Skandinaviers, die er auf „Stay Now“ im Trio mit dem Bassisten Niklas Fernqvist und dem Schlagzeuger Rasmus Blixt behutsam in die Welt hinauslässt, hat so gar nichts Aufmerksamkeitsheischendes. Und auch die Ähnlichkeiten mit Esbjörn Svensson erschöpfen sich schnell. Eine Basslinie im Stück „Cloudberry Hill“, die von E.S.T. hätte stammen können – das war es auch schon.
Der introvertierte Lyssarides erinnert eher an ganz andere alte Schweden am Klavier: An Bobo Stenson, Jan Lundgren und natürlich an Jan Johansson, den Erfinder des autonomen skandinavischen Jazz aus dem Geiste des Volksliedes. Lyssarides’ „Sommarsnö“ hätte durchaus auch von ihm stammen können. Allzu Kantiges ist freilich nicht so das Ding von Lyssarides. Deshalb wirkt es auch nicht verwunderlich, dass „St. Joseph“, die erdigste Nummer auf „Stay Now“, von Bassist Fernqvist stammt.
Sicherlich: Lyssarides’ nachtschattige, oftmals an die Träumereien der Neoklassik gemahnende Stücke laufen Gefahr, dass man sie unterschätzt. Bei aufmerksamerer Betrachtung wird einem jedoch bewusst, wie ungewöhnlich diese Musik eigentlich ist. Sie verweigert sich genaueren Zuschreibungen – sowohl rhythmisch in ihrem Faible fürs Rubato als auch stilistisch. Ähnlich wie es die Komposition „Chimera“ andeutet, die auch gut als Albumtitel gepasst hätte, hat man es hier mit einem Zwitterwesen zu tun, das weder Jazz noch Klassik ist. Bleibt abzuwarten, welche Zukunft dieser Schimäre beschieden ist, die Lyssarides, Fernqvist und Blixt mit so viel konzentrierter Aufmerksamkeit erschaffen haben.

Josef Engels, 26.02.2022


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