Daniel Behle hat nicht die schönste, einnehmendste Tenorstimme, aber dieser fleißige, entdeckungsfreudige und nach wie vor plattenverliebte Sänger versteht es doch immer wieder, diese geschickt und spannungsvoll im rechten Licht erscheinen zu lassen. So auch auf seiner neuesten Scheibe, die kurz nach dem Beethoven-Jahr unter dem Motto „Gegenliebe“ noch einige von dessen Liedern hinterherschickt, bekannte wie selten gehörte, fein abgemischt. Am Klavier (diesmal ein historischer Wiener Hammerflügel von Carl Strobel von 1823/24) sitzt einmal mehr mit schneller Auffassungsgabe und gelassenem Begleitertemperament der hochlöbliche Jan Schultsz. Inzwischen hört man bei Behle durchaus das Alter, da schleichen sich Sprödigkeiten und Fast-Wackler ein, doch in der Regel versteht er solches in individuelle Ausdrucksnuancen zu verwandeln, weil er so packend seine vorzutragenden Inhalte vermitteln kann. Da mischt sich das Wissen eines souveränen, tastenden Stilisten mit Erzähl- und Ausdeutungsfreude. Und es ist von reizvollem Kontrast, wenn da eben nicht ein Jungspund um die „ferne Geliebte“ in Beethovens einzigem, sechs Lieder umfassenden Zyklus klangminnt, sondern ein reiferer Mann, oder wenn die „Adelaide“ nicht nur mit juvenilem Überschwung überschüttet, sondern mit gelassener Leidenschaft tonumhüllt wird.
Unter den fast zwei Dutzend (von über 100) Titeln findet sich neben den Sellern wie „An die Hoffnung“ oder dem flohverliebten „Es war einmal ein König“ auch Rares wie „Seufzer eines Ungeliebten und Gegenliebe“ oder „Der Wachtelschlag“, die auf Englisch gesungene Canzonetta „La tiranna“ oder das italienische „In questa tomba oscura“. Im Lyrischen wie im Heldischen wird Daniel Behle dem könnerisch verliebt gerecht.

Matthias Siehler, 02.07.2022

---

Diese CD können Sie kaufen bei:

---

---

---

Kommentare

Kommentar posten

Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.

---