Aparté/hm-Bertus AP 291
(69 Min., 2/2021)
Schon merkwürdig: In einem Album mit vier außergewöhnlichen Violinkonzerten findet sich keinerlei Notiz über die Sologeigerin. Also, Zefira Valova wurde in Sofia geboren und studierte dort und anderswo Barockvioline. 2003–08 war sie bei verschiedenen bulgarischen Formationen Konzertmeisterin, anschließend auch international. Seit 2015 ist sie die Leading Lady bei der von Donna Leon mitbegründeten, spitzenmäßigen Alte-Musik-Italo-Banda il Pomo d’Oro unter Maxim Emelyanychev. Und hier nun führt sie die spritzig-fruchtige Formation in vier so raren wie schönen Beispielen des europäischen Violinkonzerts des 18. Jahrhunderts zudem an. Feine Verbindungen entstehen da – trotz höchst individuellem Werkszugriff, der damals noch nicht von der Wiener Klassik europakonform abgeschliffen worden war. Der Böhme Franz Benda (1709–86) folgte dem Violinvirtuosen Johann Gottlieb Graun (1703–71) als Konzertmeister der Preußischen Hofkapelle nach. Sie beide waren beeinflusst von den Vivaldi-Konzerten, die dessen Freund Johann Georg Pisendel in Dresden sammelte und verbreitete. Die Violine spielende Komponistin Maddalena Sirmen (1745–91) war wiederum in der venezianischen Schule ausgebildet. Und bei dem heute aus politisch korrekten Gründen wieder vehement entdeckten farbigen Komponisten Joseph Bologne, Chevalier de Saint-Georges (1745–99) bündelten sich diese Wesenszüge zu einem freilich sehr glatten galanten Stil. Deshalb gibt es als Bonbon noch das C-Dur-Rondo Wolfgang Amadeus Mozarts als Dreingabe. Gespielt wird das, inklusive der Graun-Weltpremiere, von Zefira Valova makellos, ideenreich und temperamentvoll, ohne den manchmal treibend-kontraststarken Emelyanychev-Tonfall. So gelingt, ähnlich einer Canaletto-Vedute, ein prachtvoll, lebensschönes Europa-Panorama in Tönen.
Matthias Siehler, 30.07.2022
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