Virgin/EMI 545 663-2
(58 Min., 11/2003) 1 CD
Robert Schumanns Violinkonzert: Mittelmäßiges Produkt eines schon kranken Gemüts oder letztes verzweifeltes Aufglühen eines genialen Geistes? Clara Schumann und Joseph Joachim waren ganz entschieden von ersterem überzeugt und ließen das Konzert daher diskret verschwinden, um Schumanns Andenken nicht zu beschädigen. Erst 1937 wurde das Konzert mit einem von Hindemith bearbeiteten Solopart - unglücklicherweise unter der Ägide der Nazis - in Deutschland von Georg Kulenkampff uraufgeführt; gleichzeitig setzte sich auch Yehudi Menuhin für das Stück ein und besorgte später die amerikanische Uraufführung der unbearbeiteten Fassung (eine Folgeaufnahme dieser Premiere ist bei Naxos erhältlich). Seither sind sich Fachwelt und Publikum nicht einig geworden über die Bedeutung des Konzertes: Das lapidar barockisierende erste Thema des Kopfsatzes mit seinen aufwärts strebenden Läufen, die konsequente rhythmische Divergenz zwischen Solovioline und Solocello im tieftraurigen zweiten Satz, die immer neu ins Nichts führenden Aufschwünge des Finales - drücken sie Schumanns auswegloses Streben nach Klärung und Befreiung auf zutiefst beklemmende und bewegende oder eher auf stümperhafte Weise aus?
Renaud Capuçon erweist sich als guter Anwalt für Schumanns Violinkonzert, der den expressiven Gehalt melodische Linien vielleicht nicht bis in den letzten Winkel auszuleuchten vermag - Henryk Szeryngs Einspielung (Philips), die schon so manchen Skeptiker bekehrt hat, bleibt unübertroffen -, aber insgesamt eine engagierte und einfühlsame Interpretation abliefert. Gelegentlich würde man sich vielleicht einen etwas dunkleren, volleren Ton wünschen, der das leidenschaftliche Wollen etwa des letzten Satzes noch packender, noch vollblütiger hörbar werden ließe; Capuçons spieltechnische Fertigkeit gerät im ersten Satz hier und da etwas an ihre Grenzen. Dennoch: Eine weit mehr als nur akzeptable Darbietung, die das immer noch nicht voll etablierte Werk einmal wieder zum Gesprächsstoff machen wird.
Die Koppelung mit Mendelssohns Violinkonzert mag angesichts der Vielzahl guter Einspielungen dieses Dauerbrenners überflüssig erscheinen; allerdings wird sie vielen Interessenten die Kaufentscheidung erleichtern und steht damit im Dienst der Verbreitung des Schumann-Konzerts, was vor historischem Hintergrund zumindest eine kurze Reflexion als angebracht erscheinen lässt: Die beiden hier und auf einigen anderen CDs so einträchtig präsentierten Violinkonzerte wurden im "Dritten Reich" gegeneinander ausgespielt; die Nazis versuchten Schumanns Stück als Ersatz für das beliebte Mendelssohn-Konzert zu etablieren, weil letzteres aus der Feder eines Juden stammte. In Capuçons solider Interpretation ganz revolutionäre Aspekte zu finden, wird schwierig sein (eher schon lässt Hardings sehr Bläser-freundliche Führung des Mahler Chamber Orchestra hier wie auch bei Schumann aufhorchen) - nehmen wir sie daher als erfrischende Neuauflage eines immer wieder hörenswerten Violin-Highlights.
09.10.2004
Diese CD können Sie kaufen bei:
Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen
Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.
Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion
An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.
Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.
Die Klavierkonzerte Nr. 11, 12 und 13 waren Mozarts erste Konzerte, die er nach seinem Umzug von Salzburg nach Wien komponierte. In einem Brief an seinen Vater Leopold beschrieb er sie als „ein glückliches Mittel zwischen zu leicht und zu schwer; sehr brillant, angenehm für das Ohr und natürlich, ohne fade zu sein“. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Mozart bereits von seinem dominanten Vater emanzipiert. Sein Ziel war es, mit diesen Stücken das Wiener Publikum zu erobern. Tatsächlich […] mehr