Das ist Chor-Kunst auf allerhöchstem Niveau, sowohl kompositorisch wie auch interpretatorisch: Alfred Schnittke präsentiert sich mit seiner 1988 entstandenen Vertonung von Psalm-artigen russischen Texten aus dem 16. Jahrhundert als äußerst sachverständig und kreativ auf dem Gebiet des A-cappella-Vokalsatzes.
Daniel Reuss und die professionell besetzte Cappella Amsterdam legen eine schlichtweg vollkommene, in ihrer Sauberkeit und Homogenität immer wieder geradezu überwältigende Einspielung vor. Schnittkes Satzkunst bewegt sich zwischen personanter Quart-/Quint-Klanglichkeit, clusterartiger Dissonanzen-Ballung, polytonal geschichteten Harmonien und gelegentlichen reinen Dur- oder Molldreiklängen, die besonders in weiträumiger Entfaltung ausgesprochen effektvoll im Kontrast zu den dissonanteren Klängen sind. Atmosphärisch lebt das Werk außerdem von seiner konzentrierten meditativen Qualität, die freilich nur dann zum Tragen kommt, wenn die Darbietung wie auf diesem Album über jeden Zweifel erhaben ist. In diesem Sinne ist die Produktion eine grandios gelungene Hommage an Alfred Schnittke, einen der ganz großen Komponisten des 20. Jahrhunderts.

Michael Wersin, 06.05.2023

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