In Folge 5 der von der Schweizer Stiftung „Orpheum“ getragenen Alben-Edition „Next Generation Mozarts Soloists“ hat die amerikanische Pianistin Claire Huangci drei „mittlere“ Klavierkonzerte Mozarts ausgewählt, die im Frühling 1784 in Wien im Zeitraum von nur einem Monat entstanden, und dennoch schon alle Qualitäten seines reifen Konzertstils aufweisen: In allen drei Werken vollzieht Mozart die ideale Synthese zwischen „Kompliziertheit und Klarheit“, wie Bruno Walter bewundernd feststellte, und schon hier beginnt er, den emotionalen Horizont durch plötzliche Eintrübungen der heiteren Grundstimmung zu erweitern.
Es überrascht, die 33-jährige Pianistin in dieser Edition zu erleben, zumal sie in den letzten zehn Jahren eine eindrucksvolle Karriere und dazu eine Reihe exzellenter Alben (bei Berlin Classics) vorweisen kann: So überzeugt sie auch auf ihrer ersten Mozart-CD durch sprudelnde „Geläufigkeit“ und eine spielerische Eleganz und Nonchalance, die mich an einen berühmten Spruch von Friedrich Nietzsche erinnerte. „Alles Göttliche läuft auf zarten Füßen“, schrieb er im „Fall Wagner“, und Huangci trifft genau diesen Grundzug Mozarts mit einer leichtfüßigen Lockerheit, Sensibilität und Stringenz, die scheinbar völlig mühelos seine nicht enden wollenden thematischen Einfälle in einen unendlich fließenden Strom positiver Energie bündelt: Es sind zärtliche Dialoge, die sie mit dem quicklebendigen, ähnlich beseelten Mozarteumorchester führt, und die drei von Mozart komponierten Kadenzen klingen so frisch und impulsiv, als würde Huangci sie gerade improvisieren. Selten hat jemand den Lebenspuls dieser Konzerte so feinfühlig und empfindsam, dabei so souverän und sogartig in perlende Klangrede übersetzt, und diese Leichtigkeit greift tiefer als jeder demonstrative Kraftakt.

Attila Csampai, 03.06.2023

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