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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Jean Sibelius, Magnus Lindberg

Violinkonzerte

Lisa Batiashvili, Finnisches Radio-Sinfonieorchester, Sakari Oramo

Sony BMG 88697 12936-2
(58 Min., 5/2007) 1 CD

Obwohl es zeitgenössische Musik im Konzertalltag schwer genug hat, versuchen allzu wenige Komponisten, durch virtuose Repertoire-Piecen nachzuhelfen. Mit der Folge, dass sich Lisa Batiashvili über mangelnde Nachfrage für das neue Violinkonzert von Magnus Lindberg angeblich nicht zu beklagen braucht. Die beiden haben eine Marktlücke entdeckt.
Die Weltersteinspielung von Lindbergs neotonalem Halbstündler besticht durch Feinsinn, Herbheit und Eloquenz. Die melodiösen Katarakte der drei unbezeichneten Sätze wirken wie wuchernde Verzierungen, Ornamente eines verloren gegangenen Monuments. Hier wächst aus diesen Fragmenten eine kleine, postmoderne Kathedrale. Die Orchesterstimmen wehen wie Fähnchen (oder Flämmchen) hinter der virtuosen Solistin hinterdrein. Mit ihr gestattet Lindberg dem Orchester nur ausnahmsweise einen Dialog.
Dank Lisa Batiashvilis leichtem, flüssigem und sprachlich deklamierendem Gestus gewinnt das Stück beträchtliche Erzählkraft. Seit Schnittke (und neben Gubaidulina) einer der besten Zugewinne auf dem Violinkonzertsektor. Wenn auch ohne den ernsten Furor und innovativen Schub der Älteren.
Etwas mutlos wirkt, dass man das Werk auf der ersten Sony-CD von Lisa Batiashvili hinter Sibelius’ unvermeidlichem Violinkonzert hinterherdackeln lässt. Freilich passen beide Stücke zusammen. Und das hört man neu. Die georgische Solistin gehört zu den hellhörigsten, strukturell sensibelsten Geigern der Gegenwart – und meistert das finnische Doppel mit großer Geschmackssicherheit.
Auch bei Sibelius hat sie alles wunderbar durchdacht und disponiert. Durch den eher kleinen, unschwelgerischen Ton verzichtet sie auf alles Dionysische, Traumhafte oder auch nur haltlos Treibende. Im Unterschied zu vielen anderen Geigern, die das Emotionale, Draufgängerische vordergründig favorisieren, haben wir es hier mit einer kunstvoll dosierenden, homöopathisch denkenden Stilistin zu tun, der alles Klecksen, Wabern und Wichtigtun fremd zu sein scheint.
Es käme darauf an, sie vom richtigen Dirigenten fordern zu lassen. Denn dass es den Aufnahmen trotz allem an einem Funken Begeisterung und Brio mangelt, liegt eindeutig an der vollendeten Temperamentlosigkeit von Sakari Oramo. Ihm und seinem Finnischen Radiosinfonieorchester braucht man ihren Sibelius gewiss nicht zu erklären. Eine leichte Kreislaufschwäche und innere Müdigkeit schließt das aber nicht aus. Fehlt etwa ein bisschen Alkohol im Blut?

Robert Fraunholzer, 01.12.2007


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