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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Einige wenige geniale Regie-Einfälle – und ein reichlich angestaubtes, "heroisch-romantisches" Ritter-Kreuzzugsdrama zu Zeiten Karls des Großen erwacht zu neuem Leben, ja wird sogar zum packenden Psychodrama. Claus Guth gelang vor zwei Jahren das Kunststück am Zürcher Opernhaus, als er "Fierrabras", Schuberts vorletztes, 1823 komponiertes Bühnenwerk inszenierte. Dessen krudes Sujet um zwei fränkische Ritter und ihre maurischen, also zu christianisierenden Kollegen, die unzulässigerweise jeweils in die un- bzw. rechtgläubigen Königstöchter verliebt sind, darob mit ihren und deren Vätern reichlich Ärger kriegen, untereinander konkurrieren, Freundschaft schließen, diese verraten, im Krieg fast zu Tode kommen, endlich aber den Friedensschluss ihrer Völker und natürlich auch ihre Paarbildung feiern – dieses Tohuwabohu Josef Kupelwiesers verlagerte Guth ins private Ambiente der Schubert’schen Komponierstube, in der der Komponist selbst zum zentralen Thema seiner Oper wird: als Titelheld, der zwar alles, auch die letztlich glücklichen Geschicke seiner "Schubertiade"-Freunde, arrangiert (und den Protagonisten ihre Rollen bzw. Notenblätter zuteilt), der selbst aber leer ausgeht und ein vereinsamter Außenseiter bleibt, der sein Leben lang vergeblich um väterliche Anerkennung ringt. Die Eindringlichkeit dieses Guth‘schen "Schubert-Dramas" wird durch die Musik (die trotz Claudio Abbados Pioniertat von 1988 nach wie vor kaum bekannt ist) nochmals gesteigert, lässt Schubert doch eine "offizielle", in Dur und Marschmotivik strahlende Sphäre mit einer "privaten" kontrastieren, die entweder (wie bei den weiblichen Protagonisten und den Liebesduetten) wahrhaft anrührend-unschuldig ist oder von wehmütiger, hoffnungsloser Trauer des Vereinsamten kündigt. Franz Welser-Möst kümmert sich bestens sowohl um die intimen, von warmen Holzbläsern getragenen, wie auch um die dramatischen Klangfarben, seine Sängerriege bleibt mit Ausnahme der offenbar etwas indisponierten Juliane Banse makellos. So dass von einem Züricher Glücksgriff gesprochen werden muss, der dem Werk jetzt endlich zu jenem Bühnenrecht verhelfen müsste, das seinen "Fidelio"- oder "Freischütz"-Zeitgenossen schon längst zuteil geworden ist.

Christoph Braun, 01.12.2007


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