Naxos 8.508005
(12/1998) 8 CDs
Wenige Werke scheinen uns so vertraut wie Johann Sebastian Bachs Konzerte. Und doch halten neue Interpretationen immer wieder Entdeckerfreuden für uns parat – und sei es nur eine zuvor kaum wahrgenommene Linie, eine etwas andere Phrasierung, eine hinzugefügte oder weggelassene Verzierung.
Solche kleinen Überraschungen kann jeder Hörer selbst in dieser vollständigen Edition des Orchesterwerks (35 Konzerte und Suiten) ausmachen. Unser gewohntes Bach-Bild stürzen sie freilich nicht um und das will das Kölner Kammerorchester und das Solistenteam auch gar nicht. Helmut Müller-Brühl ist kein Revolutionär oder Fundamentalist: Elf Jahre lang hat dieses Orchester (als Capella Clementina) unter seiner Leitung ausschließlich auf historischen Instrumenten musiziert. Seit dreizehn Jahren setzt er die mit der historischen Aufführungspraxis gewonnenen Erfahrungen mit modernem Instrumentarium um. Entsprechend undogmatisch ist das Ergebnis: durchgehend form- und tonschönes, lebendiges und präzises Bachspiel.
Die Interpretationen sind schwung- und geschmackvoll, leichtfüßig federnd in den Ecksätzen, natürlich atmend in den Mittelsätzen. Die Balance zwischen den Solisten und den Ripieni ist ausgewogen. Gern ist Müller-Brühl einen Tick schneller als seine Zunftgenossen; da finden vier Orchester-Suiten sogar auf einer(!) CD Platz. Wo andere den Weichzeichner ansetzen oder sich in klebriger Feierlichkeit ergehen, um den „Zauber des Barock“ zu beschwören, bleiben die Kölner unsentimental. Ebenso wenig begegnet man allzu schroffen Pointierungen von Ecken und Kanten, mit denen uns manches Originalklang-Ensemble gern konfrontiert.
Doch zurück zu den Entdeckerfreuden: Hier werden nicht nur die Originalfassungen der Konzerte und die von Bach selbst angefertigten Transkriptionen, sondern auch die neueren Rekonstruktionen der verlorenen Urfassungen ansprechend präsentiert. Mit einem Handgriff können wir die Cembalofassungen mit den (vermuteten) Urfassungen vergleichen oder verfolgen, wie aus Vivaldis RV 580 Bachs BWV 1065 wurde. Bearbeitungen für Instrumente, an die Bach nicht im Traum dachte, wie Gitarre oder modernes Klavier, fehlen freilich zu Recht. Bedauerlicher ist schon die Abwesenheit der Urfassungen der Brandenburgischen Konzerte.
Mag man, je nach Gusto, im Einzelnen lieber auf Interpretationen zurückgreifen, die transparenter im kontrapunktischen Stimmengeflecht oder emotionsgeladener sind, die preisgünstige 8-CD-Box empfiehlt sich allemal.
Marcus A. Woelfle, 01.12.1999
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