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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Johann Sebastian Bach

Ludwig Güttlers Bach: Johannes-Passion, Brandenburgische Konzerte, Weihnachstoratorium, Kantaten, Kammermusik u.a.

Ludwig Güttler, Virtuosi Saxoniae u.a.

Dresden Classics/Edel Contraire 7 82124 18352 3
(09/1999) 13 CDs

Wer zum 250. Todestag Johann Sebastian Bachs gleich mehrere Boxen unter dem Motto "Bach Made In Germany" (gemeint ist die ostdeutsche Bach-Tradition) herausbringt, dem können in der Eile schon Schnellschuss-Fehler passieren. Die "Brandenburgischen Konzerte" erklingen z. B. nicht in der ausgewiesenen Reihenfolge, sondern in der eigentümlichen Programmierung 4 - 6 - 2 - 1 - 3 - 5. Ich erhielt sogar zunächst ein Exemplar, bei dem die vier Orchestersuiten mit Mozarts Flötenquartetten vertauscht wurden. Der Fehler wurde behoben, doch wer die Edition kauft, sollte zuvor sicherheitshalber in die Orchestersuiten hineinhören - und sich von ihnen nicht abschrecken lassen: Die CD ist zufällig auch der älteste Beitrag zur Edition und erreicht nicht die Qualität der späteren Güttler-Aufnahmen.
Güttler lässt die Virtuosi Saxoniae, Mitglieder der Staatskapelle Dresden, vor allem bei den schnellen Tanzsätzen huschen, hasten, fast hetzen – ein Mehr an Spannung bringt dies nicht. Wo Trompeten dabei sind, dominieren sie das Klangbild – leider auf Kosten der Durchhörbarkeit des kontrapunktischen Geflechts. "Was mir behagt, ist nur die muntre Jagd" assoziiert man, und schmunzelt darüber, dass Güttler der seltenen Jagd-Kantate zusammen mit rekonstruierten Bach-Konzerten eine der interessantesten CDs der Edition gewidmet hat.
Die Werkauswahl der Box ist gelungen und empfiehlt sich mit ihrer Auswahl an Geistlicher Musik, weltlichen Kantaten, Orchestermusik, Kammer- und Orgelmusik durchaus für Einsteiger: Dauerbrenner wie das Weihnachsoratorium und die "Brandenburgischen Konzerte" werden geschickt mit "Konzeptalben" kombiniert, etwa einem, das zum Vergleich von Bachs Kantatenstils mit dem seiner Söhne einlädt. Güttler ist zwar kein unorthodoxer Bach-Interpret, vermag aber immer wieder unsere Aufmerksamkeit mit originellen Entscheidungen zu fesseln: Im Eingangschor zur "Johannes-Passion" vernehmen wir keine pochenden Achtel, sondern eigentümlich marschartig betonte Viertel. Fürs zweite "Brandenburgisches Konzert" greift er nicht zur Trompete, sondern zum Corno di caccia, wie es für Bachs Aufführungen seiner Leipziger Zeit belegt ist. Dabei sind die Virtuosi Saxoniae kein Originalklang-Ensemble, sondern ein auf modernen Instrumenten mit hohem Spielniveau musizierender Klangkörper.
Wo es ums Feilen an Nuancen, den Mut zum Risiko oder das seelenvolle Atmen der Musik geht, mag man anderen Interpreten den Vorzug geben, Güttlers Bach empfiehlt sich durch Brillanz, Leichtigkeit, Lebhaftigkeit und Aufrichtigkeit.

Marcus A. Woelfle, 01.09.2007


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