Naxos 8.55 4666
(69 Min., 6/2002, 11/2002) 1 CD
Schuberts Lieder, die Dreizehnte: Wacker fährt man bei Naxos fort mit dem ungeheuer spannenden und anregenden Gang durch Franz Schuberts gesamtes Liedrepertoire, das innerhalb der abendländischen Musikgeschichte eine der eindrucksvollsten und umfangreichsten Werkgruppen aus der Hand eines einzigen Komponisten darstellt. Von besonderem Interesse für den, der sich näher mit Schuberts Liedkunst beschäftigen will, sind die in der Gesamtaufnahme auch teilweise anfallenden Alternativ-Fassungen einzelner Lieder, von denen es in dieser Folge mit Goethe-Gesängen gleich einige gibt: "Sehnsucht" zum Beispiel taucht sechsmal auf, einmal gar als Duett; die anderen beiden Mignon-Lieder immerhin doppelt. An weiteren bekannten Höhepunkten bietet das vorliegende Programm u. a. "Rastlose Liebe" und "Gretchen am Spinnrade".
Ruth Ziesak bestreitet den weitaus größten Teil der Lieder, nur gelegentlich sekundiert von Christian Elsner. Leider muss konstatiert werden, das die Stimme der Sopranistin nicht mehr so leicht läuft wie in früheren Zeiten; entsprechend treten gewisse Manierismen stärker hervor: Da ist etwa jene Angewohnheit, die man mit einer Wortneuschöpfung als "Fassbaendern" bezeichnen könnte (nichts gegen die verdiente Mezzosopranistin: Hier geht es nur um die Unmöglichkeit, individuelle Gestaltungsmittel zu kopieren!): Es handelt sich dabei um die häufige Produktion sehr gerader, gezogener Töne, die vor allem in der Nähe des unteren Registerübergangs in den Gaumen abgleiten. Außerdem geht Frau Ziesak mit schon gewohnter Nüchternheit und Burschikosität über viele Lieder hinweg, deren Texte sie einem eigenwilligen Spiel mit den Vokal-Farben unterordnet, wodurch die Verständlichkeit sehr leidet; mittlerweile verliert diese Angewohnheit auch ihren rein stimmästhetischen Reiz, weil immer mehr angesäuerte Töne das Bild bestimmen. An der ohnehin nicht sehr glücklich komponierten "Szene aus Faust" – auch bei Schubert gibt es mal eine schwächere Stunde – scheitern übrigens beide Sänger: Christian Elsner hat in der Bariton-Lage, die dem "Bösen Geist" gegeben ist, nicht viel Bedrohliches zu sagen, und Ruth Ziesak liefert hier nicht das Porträt eines jungen, sich schuldig fühlenden Mädchens. Unter dem Strich bleibt trotz vieler schöner Momente also nicht viel Erfreuliches übrig.
Michael Wersin, 27.09.2003
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