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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Eine vergessene Oper, die wieder zu entdecken sich lohnt: Domenico Alaleonas "Mirra", basierend auf einem Stück von Vittorio Alfiero, welches wiederum eine Episode aus Ovids "Metamorphosen" zum Inhalt hat, fand bei ihrer Uraufführung 1920 in Rom zwar die Zustimmung von Mascagni und Puccini, verschwand dann aber bis zum Jahre 2002 vollkommen von der Bildfläche.
Alaleona (1881-1928), der nicht nur Komponist, sondern auch Musikwissenschaftler war, experimentierte in diesem eindrucksvollen Stück mit der Adaption verschiedener Stile von Renaissance-Klängen über barocke da-capo-Arien und romantische Schmacht-Kantilenen bis hin zu zeitgenössischen Kompositionstechniken, zu denen Alaleona als Theoretiker selbst manches beitrug: Zu seinen Interessen gehörten u. a. die verschiedenen Möglichkeiten der Unterteilung einer Oktave in gleichgroße Intervalle; für die in "Mirra" zur Anwendung gebrachte Skala, die sich durch Fünftelung der Oktave ergibt, baute er sogar ein Instrument, das allerdings verschollen ist. Alles in allem klingt Alaleonas Stil jedoch nie nach Patchwork, sondern ergibt ein geschlossenes, stringentes Gesamtbild; wenn Alaleona ältere Kompositionstechniken verwendet, wählt er sie häufig vor dem Hintergrund der Textaussage aus und bedient sich ihrer nicht starr im Sinne einer Stilkopie, sondern modifiziert ihre Klanggestalt bzw. ihre formalen Verläufe - wiederum oft im Sinne der Aussage - "unhistorisch". Für den "Mirra"-Stoff, der die inzestuöse Liebe der Titelfigur zu ihrem Vater Ciniro und die im Zusammenhang damit scheiternde Eheschließung mit Pereo samt finalem Suizid Mirras behandelt, gewinnt Alaleona so ein breites Spektrum sehr plastischer Mittel zur musikalischen Dramatisierung der Textvorlage.
So dankenswert die vorliegende Produktion prinzipiell auch ist: Das unterschiedliche Niveau der Vokalbesetzung darf dennoch nicht verschwiegen werden. Am meisten Freude machen der Tenor Mario Maligini (Pereo) und der Bariton Franck Ferrari (Ciniro); die Damen, leider auch Denia Mazzola-Gavazzeni in der Titelpartie, fallen dagegen in puncto überzeugende stimmliche Leistung deutlich ab, und das wirkt sich selbstverständlich auch auf die Authentizität des jeweiligen Rollenporträts aus.

Michael Wersin, 01.09.2007


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