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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Johann Sebastian Bach

Cellosuiten, Chaconne aus der Violin-Partita d-Moll

Alexander Rudin

Naxos 8.555992-93
(01/2000) 2 CDs

Im 19. Jahrhundert und noch um die Wende zum 20. galten Bachs Solosuiten als pures Studienmaterial, als zum Teil knifflige Etüden, denen für den Konzertsaal höchstens mal ein Tanzsätzlein entnommen wurde – und auch das nur als Zugabe in Konzerten mit Orchester. Pablo Casals änderte all das, mit demselben aufgeklärten Furor, mit dem er die ganze Technik des Cellospiels revolutionierte.
Der Russe Alexander Rudin, gleichermaßen geschätzt als Cellist, Pianist und Dirigent, geht um die Wende zum 21. Jahrhundert einen halben Schritt rückwärts: Seine Interpretation dieser Musterstücke der „Polyfonie auf nur einem Instrument“ klingen bisweilen wieder verdächtig nach Etüde. Technisch ist Rudin über jeden Zweifel erhaben, und dass sein Montagnana-Cello ein eher metallisches Timbre besitzt, kein Manko; der weitgehende Verzicht auf Romantizismen à la Rostropowitsch wäre sogar ausgesprochen zu begrüßen. Aber warm wird der Hörer nicht mit diesen zwei Silberscheiben.
Schon das Präludium der ersten Suite kommt zwar kraftvoll, aber auch etwas gehetzt daher, der wunderbare Atem, den Casals hier aufspürte, weicht einer Atemlosigkeit. Geradezu hastig werden die meisten Couranten abgespult, und etwa die tiefmelancholische Sarabande von Nr. 5 weht vorüber wie eine leichte Brise, in ernüchternder Beiläufigkeit. Die sechste Suite, geschrieben entweder für eine fünfsaitige Viola pomposa oder ein ebensolches Violoncello piccolo, ist auf dem normalen Viersaiter grausam schwer – eine Hürde, der Rudin aus dem Weg geht, indem er einen 1997 von Wolfgang Schnabl gebauten Fünfsaiter benutzt. Jetzt liegt das Stück, o Wunder!, wesentlich genehmer für die linke und rechte Hand, immer noch kein Spaziergang, aber auch kein Hindernislauf.
Dafür allein sollte man Alexander Rudin dankbar sein, die sechste Suite einmal in dieser Fassung hören zu können. Nicht für die Zugabe der von ihm selbst transkribierten Geigen-Chaconne aus der d-Moll-Partita: Technisch ist die wiederum staunenswert gemeistert, aber letztlich ein Krampf.

Thomas Rübenacker, 01.09.2007


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