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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Johann Sebastian Bach

"O Ewigkeit, du Donnerwort" - Kantaten BWV 2, 20 & 176

Johannette Zomer, Ingeborg Danz, Jan Kobow, Peter Kooy, Collegium Vocale Gent, Philippe Herreweghe

Harmonia Mundi HMC 901791
(53 Min., 05/2002) 1 CD

Am 1. Sonntag nach Trinitatis des Jahres 1724 begann Johann Sebastian Bachs zweites Jahr im Leipziger Thomaskantorenamt. Schon im vorausgegangen Jahr hatte er zahlreiche neue Kantaten komponiert und unter Hinzuziehung einiger älterer Werke aus seiner Weimarer Zeit einen kompletten Jahrgang für alle Sonn- und Feiertage des Kirchenjahres zusammengestellt. Für das zweite Jahr jedoch nahm er sich etwas ganz besonders vor: Unter Rückgriff auf den eigentlich schon veralteten Typus der Choralkantate begann er eine Reihe von Gottesdienstmusiken, denen jeweils ein Kirchenlied zu Grunde liegt. Die erste Strophe wird zu einem monumentalen Eingangschor, die Binnenstrophen werden in umgedichteter Textgestalt zu Arien und Rezitativen verarbeitet; die letzte Strophe erklingt im vierstimmigen Choralsatz. Vor allem in den Eingangschören ist Bach atemberaubend innovativ und vielfältig: Zahlreiche Möglichkeiten der Kombination von unterschiedlichst gestalteten Choral- und Instrumentsätzen erprobt er im Rahmen dieser einzigartigen Werkfolge, die aus unbekannten Gründen vor Ostern 1725 abbricht.
Philippe Herreweghe und sein Ensemble widmen sich den beiden ersten Werken dieses Jahrgangs, die in ihren Eingangschören gleich den weiten Rahmen der Möglichkeiten abstecken: "O Ewigkeit, du Donnerwort" BWV 20 präsentiert die erste Choralstrophe eingefügt in eine dreiteilige instrumentale Ouvertüre, deren musikalische Gestalt sich trotz aller Eigenständigkeit immer wieder detailliert der Textaussage zuneigt. Die Choralmelodie liegt im Sopran. Für den 2. Sonntag nach Trinitatis entstand "Ach Gott, vom Himmel sieh darein" BWV 2 mit der Melodie im Alt eines chromatisch bedeutungsvoll angereicherten motettischen Vokalsatzes, der von den Instrumenten colla parte verstärkt wird (an den beiden folgenden Sonntagen sinkt der Cantus firmus weiter hinab in den Tenor bzw. in den Bass). Nicht minder interessant, abwechslungsreich und aussagekräftig sind die solistischen Binnensätze der beiden Werke. Herreweghe ergänzt das Programm der CD durch BWV 176 "Es ist ein trotzig und verzagt Ding", das abschließende Stück des 2. Leipziger Jahrgangs, der Form nach keine Choralkantate wie die beiden zuvor erwähnten.
Das Collegium Vocale und die Solisten Johannette Zomer (leider kaum beschäftigt), Ingeborg Danz, Jan Kobow (von besonderer stimmlicher und interpretatorischer Qualität) sowie Peter Kooy (etwas müde wie öfters in den letzten Jahren) erfreuen unter Herreweghes Leitung mit der gewohnten hohen Gesamtqualität in punkto Klangschönheit, Stringenz und Homogenität. Herreweghes Dirigat, das beim Live-Erlebnis eher irritiert, zeitigt keine negativen Folgen; dafür kommt seine profunde Kenntnis von Bachs musikalischer Sprache sowie seine Fähigkeit, sie zum Erlebnis zu machen, überzeugend zum Tragen.

Michael Wersin, 01.09.2007


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