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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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It's About That Time - Live At The Fillmore East

Miles Davis

Columbia Legacy/Sony C2K 85191
(90 Min., 3/1970) 2 CDs

Miles hat als Mittvierziger - an der Wende von den Sechzigern in die Siebziger - seine produktivste, wohl auch kreativste Periode erlebt. Seine zeitweiligen Favoriten hießen Karlheinz Stockhausen, indische Ragamusik, Jimi Hendrix und Sly & The Family Stone. Miles' enorme stilistische Offenheit während der auf "Bitches Brew" folgenden Jahre hat mancher Kommentator zum Anlass genommen, sich um einen Miles, der sich als Jazzer angeblich selbst disqualifiziert hatte, nicht länger zu scheren: Es sei schließlich ein offenes Geheimnis, welch schlimme Folgen das "Hurengebräu" für die Musik der Siebziger hatte. "Jazzrock": igitt! "Fusion": pfui Teufel!
Doch mit welchem Recht macht man Miles für die Auswüchse verantwortlich, zu denen viele seiner Schüler und Nachahmer ihre Zuflucht nahmen? Diese übertrieben einzelne Aspekte von Miles' Musik in der damals durchaus berechtigten Annahme, nun könnten sie endlich so viel Geld machen wie die Kollegen von der Rockmusik. Nur leider fehlte es ihnen auf die Dauer am Charisma einer Jahrhundertfigur, wie sie Miles ohne Zweifel war. Trotzdem können sich die hier vertretenen Sidemen hören lassen; nicht umsonst haben alle haben später erfolgreich eigene Bands gegründet: Wayne Shorter und Airto Moreira gingen zu Weather Report, Jack DeJohnette trommelte bei Compost, Chick Corea und Dave Holland spielten im Quartett Circle, und später folgten Corea und Moreira der Devise Return To Forever.
Diese ungeschnittene Dokumentation zweier Sets im Rockclub "Fillmore East" bildet die erste offizielle Gelegenheit, ein kurzlebiges Sextett zu studieren, das keine Studioaufnahmen hinterließ: Es war der letzte Auftritt von Wayne Shorter, bevor sich dieser endgültig von Miles löste; andererseits war der Perkussionist Airto Moreira noch nicht voll in die Gruppe integriert (und ist die meiste Zeit auch kaum zu hören). Kein Wunder, dass Columbia es damals vorzog, eine drei Monate später am selben Ort entstandene Aufnahme zu veröffentlichen ("At Fillmore"), die Miles' neuen Saxofonisten Steve Grossman und - als zweiten Keyboarder - Keith Jarrett aufbietet.
Leider steht es trotz digitalem Mix auch mit der tontechnischen Seite dieser Doppel-CD nicht zum Besten: Miles' legendärer Ton erscheint elektrisch verzerrt, das Quäken des Sopransaxofons ist ebenfalls keine Offenbarung, und Corea, Holland und DeJohnette können sich an E-Piano, Fender-Bass und einem die Basstrommel überbetonenden Schlagzeug für keine klare Linie zwischen Jazz und Rock entscheiden. Insgesamt ein zwar stellenweise spannendes, aber letztlich entbehrliches Übergangswerk für den Komplettsammler.

Mátyás Kiss, 01.09.2007


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