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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Der vor den Nazis in die USA geflüchtete Erich Wolfgang Korngold konnte ja in der Filmhochburg Hollywood schon einigen Erfolg und so manchen Oscar einheimsen. Aber an die Popularität des Soundtrackkomponisten Franz Waxman (1906-1967) kam auch er nicht heran. Nachdem der Oberschlesier Waxman, der bürgerlich Franz Wachsmann hieß, schon zu Berliner Zeiten in den 1920er Jahren sich einen Namen gemacht hatte, als er die Partitur Friedrich Hollaenders zum Film "Der blaue Engel" orchestriert hatte, war er in der Neuen Welt ab 1934 sofort ein Mann für alle Streifen. Ob für Billy Wilders "Sunset Boulevard" oder Hitchcocks "Rebecca" und "Verdacht". Ob für "Taras Bulba" oder für "Dr. Jeykll and Mr. Hyde". Zudem komponierte Waxman für den Film "Humoresque" jene "Carmen-Fantasie" für Violine und Orchester, an der fortan von Isaac Stern bis Jascha Heifetz nur die Geigenelite Gefallen fand. 40 Jahre nach Waxmans Tod ist sein Name gerade in Los Angeles zwar noch ein Begriff. Aber selbst eine ihm 1998 in der Reihe "Entartete Musik" gewidmete CD-Einspielung hat die Konzertprogrammmacher und Klassikproduzenten nicht zu einer weiteren Beschäftigung mit Waxmans vielseitigem Werk animiert. Und so überrascht es wenig, dass jetzt erst die Weltersteinspielung seines 1959 uraufgeführten Oratoriums "Joshua" vorliegt.
Mit der Wahl des alttestamentarischen Stoffes von Joshua, der statt Moses nun die Israeliten bis nach Jericho führte, wollte Waxman an seine gerade gestorbene Frau erinnern. Aber Waxmans Musiksprache hat nichts mit der Breitwand-Soundopulenz zu tun, wie sie in Hollywood besonders bei den biblischen Sandalenstreifen immer wieder hochgetürmt worden ist. Waxmans Partitur ist handfest, doch stets raffiniert im Umgang mit der gemäßigten Moderne. Die Blechbläser stellen sich schon mal Schostakowitsch-grotesk auf, die kontrapunktischen Chor- und Orchesterpassagen sind so klangsüffig und komplex zugleich wie in den besten Leonard Bernstein-Sinfonien. Und die vokale Melismatik besitzt die Intensität und die harmonischen Reibungen eines Benjamin Britten. Das alles ist eklektisch effektvoll und mitreißend verdichtet - jedoch ohne eine Spur von Kitsch. Zumindest, wenn man nach der von James Sedares verantworteten CD-Premiere geht, in der sich selbst Maximilian Schell als Erzähler endlich mal nicht in seinem Prominentenstatus sonnt.

Guido Fischer, 01.09.2007


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