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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Matthias Weckmann, Johann Jakob Froberger

Toccaten und Suiten - Kurfürstliche Cembalomusik aus Dresden

Gustav Leonhardt

Sony SK 62732
(64 Min., 6/1996) 1 CD

Es ist fast genau 350 Jahre her, dass Johann Jakob Froberger, Hoforganist Kaiser Ferdinands II., in diplomatischer Mission nach Dresden reiste. Damals hatte die heute hohle Phrase von der völkerverbindenden Kraft der Musik durchaus ihre Berechtigung - zumal Froberger sich dem Dresdner Kurfürsten Johann Georg I. mit nicht weniger als sechs Toccaten, acht Capricci, zwei Ricercaren und zwei Suiten empfahl, “die er alle in ein schön gebundenes Buch sehr sauber selbst geschrieben hatte”, wie uns (allerdings erst hundert Jahre später entstandene) Quellen berichten. Vielleicht auch mit einigen der Werke, die Gustav Leonhardt hier eingespielt hat, wer weiß?
Jedenfalls kam es in Dresden zum “Gipfeltreffen”, wie es das Beiheft nennt, zwischen nord- und süddeutschem Tastenbarock. Denn in Dresden wirkte Matthias Weckmann, einer der wichtigsten Komponisten für Orgel und Cembalo vor Buxtehude und Bach. Während Weckmann in seinen bekannteren Choralvorspielen auch die Kunst des Kontrapunkts pflegte, bietet seine freie Cembalomusik dankbares Virtuosenfutter.
Leonhardt versagt sich jedoch dieses vordergründige Vergnügen, sucht auch in den Figurationen und Akkordfolgen nach der geistigen Essenz - um so deutlicher tritt aus ihnen dann der Affekt hervor. Erst recht lohnt die Musik Frobergers solche Versenkung. Sein “Tombeau sur la Mort de Monsieur Blancrocher”, eine Gedenkmusik, die 1652 in Paris erschien, kommt dem Hörer wie Klang gewordene Trauer entgegen. Dabei objektiviert Leonhardt auch hier die Melodieführung, signalisiert scheinbar Fügung ins Unvermeidliche, keine Auflehnung.
Aber schon ein plötzlich einbrechender schneller Lauf der rechten Hand lässt den Hörer aus der Kontemplation hochzucken. Und der wahre Schrecken kommt zum Schluss, wenn das Stück, im Bass einstimmig geführt, förmlich nach unten wegzuknicken scheint: keine tröstliche Heimkehr zum Grundton, sondern - Endstation.

Stefan Heßbrüggen, 01.09.2007


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